1. Wenn die Nachtigall erwacht 02


    Datum: 28.08.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... sammelte es in ihrer Mundhöhle, spitzte die Lippen und schob der Blume ihren Kopf entgegen. In einem letzten Aufgebot der Kräfte schnellte die Blüte den Lippen der Königin entgegen, schob ihren Stempel in den Mund und nahm das Geschenk entgegen.
    
    Miriam empfand Glück und hauchte erregt durch die Nase aus. Sie schloss ihre samtweichen Lippen um den kleinen Stempel und ... zuckte erschrocken, als sich die Blütenblätter an ihr Gesicht schmiegten. Die eben noch welken Spitzen krallten sich mit beachtlicher Kraft an ihren Wangen fest.
    
    ‚Mistkerl!', dachte sie, ‚so schwach warst du also doch nicht.'
    
    ‚Ich muss dir etwas zeigen', erklang die Stimme von V'nyx dem IV. in ihrem Kopf. Miriam fühlte sich überlegen und verharrte aus Neugier, als die detailreichen Bilder der Anderswelt vor ihr erschienen.
    
    *
    
    Die dichte Vegetation aus bizarren Pflanzen erschien in dunklen Grautönen. Warum waren sie nicht satt schwarz oder bunt, wie früher? Nackt, in der Erscheinung der Blauen Königin, irrte sie durch das fremde Land. Augen folgten ihr in der Dunkelheit auf ihrem ziellosen Weg durch die ungewohnt feindselige Umgebung. Ein Geräusch ließ sie aufblicken, eine Berührung in der Kniekehle weckte den Fluchtinstinkt. Sie rannte! Die blaue Königin irrte durch die Nacht mit grauen Gefahren, wich Schlingen und herabfallenden Ranken aus. Fleischige Zweige peitschten gegen ihren Leib, trieben sie in unwegsameres Gelände. Sie taumelte, fiel nach vorne über in ...
    ... eine morastige Pfütze und wurde von Wurzeln am Boden gehalten.
    
    Dunkle Wesen kamen aus den Schatten. Fremde Gestalten gierten mit ihren stumpfen Augen auf die blauen Linien der Königin. In der Gruppe wagten sie sich näher und streckten ihre Hände nach ihrem Leib aus. Miriam fühlte Angst und Unverständnis, wand sich in ihrer Fixierung und begriff die Ausweglosigkeit dieser Situation. Als Drohne hatte sie die fordernden Spiele genossen, sich unbefangen und neugierig, mit Lust auf alles eingelassen, was ihr diese Welt abverlangte. Diesmal hatte sie etwas zu verlieren -- ihre Farbe! Zungen leckten über ihren Körper, zogen feuchte Spuren über ihren Rücken und kreisten über die prallen Pobacken.
    
    In einem impulsiven Kraftakt bäumte sie sich auf. Die dunkle Masse wich erschrocken zurück. Es gelang ihr jedoch nicht, sich aus der Falle zu befreien, der Kreis schloss sich wieder enger um die zappelnde Königin. Sie versuchte, einem der Wesen in die Augen zu blicken, um Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber ihr Geist empfing nur wirre Gedanken. Das Blau verblasste, die Kraft schwand aus ihrem Leib. Sie sank der Einfältigkeit entgegen.
    
    »V'nyx, du hinterlistiges Biest!«, rief sie erschöpft. Sie war sich sicher, dass der Cerebrat, so klein er auch war, ihr eine Falle gestellt hatte.
    
    ***
    
    In eigener Sache:
    
    Ich bin, wie wahrscheinlich alle Autoren, geil auf Kommentare. Eine der größten Triebfedern ist die Frage: "Was werden die Leser dazu sagen?" 
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