1. Wenn die Nachtigall erwacht 02


    Datum: 28.08.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... ausgeschlafen hast.'
    
    Miriams Gedanken erreichten den vernebelten Geist der Drohne und trafen auf Abneigung und Entsetzen.
    
    ‚Ich will nicht', flehte das Geschöpf und war bereits wieder mehr Mensch als das Andere, denn das Andere würde sich nie dem Willen der Königin widersetzen.
    
    Das Geräusch von splitterndem Holz zerstörte Miriams Konzentration. Hastig gerufene Befehle und Feuersalven durchbrachen die Stille. Ein Mob aufgebrachter Feldarbeiter stürmte das Haus, Gewehrkugeln schlugen Splitter von Ziegelsteinen aus der Wand. Miriam rettete sich mit einem Satz aus dem Fenster und fühlte heißes Blut auf ihren Rücken spritzen. Das Hausmädchen starb, kurz bevor es von Miriam gerettet werden konnte.
    
    ***
    
    Ein Fluchtreflex zuckte durch Miriam, als sie aufwachte.
    
    »Sssch, alles gut«, sagte Sven und strich ihr durch die Haare.
    
    »Hab ich geschlafen?«, fragte Miriam, blinzelte und versuchte, sich zu orientieren. Sie waren noch im Park unter der großen Linde, und sie lag in Svens Armen.
    
    »Ja, du bist kurz eingenickt. Sorry, das passiert mir öfter bei Frauen«, flüsterte Sven und zwinkerte ihr zu.
    
    »Entschuldigung, die letzte Nacht war sehr kurz«, sagte Miriam und rieb sich die Augen.
    
    »Du hast im Schlaf so friedlich ausgesehen, dass ich dich gar nicht wecken wollte.«
    
    Miriam saugte sich an seinen Lippen fest. Andere Mädchen mochten solche Erfahrungen früher machen, sie verliebte sich zum ersten Mal im Ruhestand.
    
    *
    
    Sie fütterten Enten mit altem Brot, das ein ...
    ... findiger Händler am Seeufer verkaufte, aßen Eis und leckten es sich gegenseitig von der Nasenspitze, lachten, küssten und scherzten, bis die Bäume lange Schatten warfen.
    
    »Bist du vorhin zufällig am Museum vorbeigekommen?«, fragte Miriam schüchtern.
    
    »Hm, war wohl der gleiche Zufall, der dich dort hingeführt hat«, sagte Sven. Er legte seinen Arm um ihre gesunde Schulter und zog sie auf der Parkbank nahe zu sich heran. Miriam senkte ihre Lider und genoss die tief stehende Sommersonne auf ihrem Gesicht.
    
    Der Mund mit den orangefarbenen Lippen erschien vor ihrem geistigen Auge. Die Lippen waren nicht mehr so voll und glänzend wie heute Mittag, sondern wirkten spröde und rissig. Der Mund formte ein einziges Wort: ‚Hunger!'
    
    »Darf ich dich zum Essen einladen?«, fragte Sven.
    
    »Ja ... gerne, woher wusstest du ... «
    
    »Du hast doch eben gesagt, dass du Hunger hast.«
    
    »Oh! Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    
    *
    
    Sie saßen bei Burger King und Sven staunte, als ein Burger nach dem anderen in Miriams Mund verschwand.
    
    »Ich hole mir noch ein paar Apfeltaschen, möchtest du auch welche?«, fragte Miriam. Sven schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Er rang mit seinem Menü und konnte sich nicht vorstellen, je wieder Hunger zu haben.
    
    »Wo futterst du das alles hin?«
    
    »Hm?«, antwortete Miriam und verschwand kurz, um ihren Nachtisch zu holen.
    
    Als sie wiederkam, setzte sie sich neben Sven und schmiegte ihren Kopf in einer vertrauten Geste an seine Schulter.
    
    »Essen ist etwas ...
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