1. Rapunzel 01


    Datum: 19.10.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... an. „Was?"
    
    „Ist das nicht dein Freund, der dich immer von der Uni abholt? In dem schwarzen Golf?"
    
    Warum war ihr peinlich, dass er sie nach Mick fragte? Es war doch nichts dabei, dass er auf sie wartete.
    
    „Ach so. Doch, natürlich", sagte sie und zog die Eingangstür auf. Der Spätherbstwind kühlte angenehm ihre erhitzten Wangen. Nicht mehr lange, bis es um diese Uhrzeit schon richtig dunkel sein würde.
    
    „Ich hab ihn mal gesehen, als er aus dem Auto ausgestiegen ist", erzählte Magnus munter. „Hat mich irgendwie entfernt an Dustin Hoffman erinnert. Als der noch jung war, natürlich."
    
    Tanita brach in Gelächter aus. „Also, ich hab schon an 'ne Menge gedacht bei seinem Anblick, aber an Dustin Hoffman noch nicht."
    
    „Hey, das ist total positiv gemeint", beteuerte er. „Echt, dein Freund kommt voll cool rüber. Lässiger Typ."
    
    Sie schaute erneut auf die Uhr. Mehr als eine Viertelstunde. Von „lässig" konnte wohl keine Rede mehr sein.
    
    Nervös warf sie einen Blick zum Parkplatz, wo unverkennbar Micks Auto stand.
    
    „Ich muss jetzt aber wirklich", sagte sie zu Magnus. „Man sieht sich."
    
    Er lächelte sie an. „Das hoff ich doch. Mach 's gut."
    
    Sie nickte ihm zu, hastete die Eingangsstufen herunter und lief zum Wagen.
    
    „Hi", sagte sie atemlos, als sie sich auf den Beifahrersitz fallen ließ.
    
    Mick stellte die Musik leiser. Er hatte das Album
    
    Parachute
    
    von den
    
    Pretty
    
    Things
    
    aufgelegt, eigentlich ein Zeichen dafür, dass seine Laune gut war. Oder es zumindest ...
    ... bis vor kurzem gewesen war.
    
    „Eigentlich", knurrte er statt einer Begrüßung, „wollte ich jetzt schon wieder auf dem Weg zurück zur Arbeit sein."
    
    Innerlich verdrehte sie die Augen, aber um des lieben Friedens willen hielt sie nicht dagegen.
    
    „'tschuldige. Brandtner hat sich heute mal wieder verquatscht."
    
    „So so, Brandtner ist mal wieder Schuld", entgegnete er mit fast höhnischem Tonfall, während er für Tanitas Geschmack viel zu schnell vom Parkplatz fuhr. „Sah für mich eher so aus, als hättest du dich verquatscht. Was war 'n das für 'ne Flachpfeife eben?"
    
    „Niemand", presste sie zwischen zusammengebissenen Kiefern hervor und stemmte die Füße gegen den Boden des Wagens. Die Beschleunigung fuhr ihr unangenehm in die Magengegend. „Bloß ein Kommilito- oooh!"
    
    Mick nahm den Fuß vom Gas und legte ihr beruhigend die Hand aufs Knie. „Tut mir Leid", sagte er etwas sanfter. „Geht 's wieder?"
    
    Tanita schloss kurz die Augen und atmete tief durch. „Klar. Brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen, du musst schließlich wieder in die Werkstatt."
    
    „Scheiß auf die Werkstatt. Ist ja kein Grund zu rasen und dich in Angst und Schrecken zu versetzen."
    
    Sie lächelte ihn an, aber insgeheim fühlte sie sich nicht besonders glücklich. Zwar war sie nach wie vor froh darüber, dass ihre Bewerbung an der Uni geklappt hatte und sie sich im August für Biologie hatte einschreiben können. Seit Oktober war sie mit Feuereifer bei der Sache, auch wenn das einzige biologische Modul im ersten ...
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