1. Rapunzel 01


    Datum: 19.10.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... hatte das Mädchen Talent dafür, ihn auf die Palme zu bringen.
    
    „Ich..." Unvermittelt warf sie sich herum und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich kann es ja auch einfach erst mal an unserer Uni probieren. Und wenn es nicht gleich klappt, dann... dann such ich mir hier halt einen Ausbildungsplatz. Ich möchte was Richtiges machen, Mick", sagte sie fast bettelnd. „Was Ordentliches lernen und dann später einen guten Job haben, Geld verdienen... irgendwann können wir uns dann eine richtig schöne große Wohnung leisten!"
    
    Mick musste grinsen. „Soll das heißen, du hast was gegen meine Bude? Na, von mir aus versuch dein Glück."
    
    Vor Begeisterung fiel Tanita ihm um den Hals und drückte ihm fast die Luft ab. Lachend ließ er sich zurück in die Kissen fallen und von ihr abküssen. Wenn ihr diese Sache so wichtig war, wäre es gemein von ihm, sie davon abzuhalten. Aber tief in einem versteckten Winkel seines Kopfes warnte ihn etwas, dass ihre heile Welt in Gefahr war.
    
    ***
    
    „Nach dem Präpkurs hab ich irgendwie immer Hunger", sagte der lange Blonde mit den modisch verwuschelten Haaren. Die anderen am Waschbecken lachten.
    
    „Ich hab noch frischen Darm vom Regenwurm im Angebot, wenn du möchtest", frotzelte Tanita und hielt ihm einladend ihre Wachsschale unter die Nase. Er tat so, als wolle er zugreifen.
    
    „Hmm, mjammi. Macht sich gut als Beilage zu Spaghetti."
    
    „Bäh", machte ein Mädchen neben ihm. „Du bist eklig, Magnus."
    
    Tanita schmunzelte und räumte ihr gesäubertes ...
    ... Präparierbesteck zusammen. Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ sie ihr Tempo beim Einpacken beschleunigen. Sie hatten heute schon wieder zehn Minuten überzogen, verdammt. Was musste der Typ am Anfang auch immer so viel schwafeln, die Theorie hatten sie doch lang und breit in der Vorlesung gehabt.
    
    Sie warf sich den Rucksack über die Schulter und verließ zügig den Raum.
    
    „Hey."
    
    Der Blonde mit Appetit auf Wurmdarm. Magnus.
    
    „Hey", erwiderte sie und schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, ohne ihren Schritt zu verlangsamen. Er blieb an ihrer Seite.
    
     „Tanita, richtig?"
    
    „Ja."
    
    „Schon komisch, das Semester ist jetzt zur Hälfte rum und wir haben noch nie ein Wort miteinander gewechselt."
    
    Sie hatten das Foyer vom Bioturm schon fast durchquert. Tanita hörte nur mit halbem Ohr hin, was Magnus sagte.
    
    „Kommt vor", erwiderte sie zerstreut.
    
    „Schon, aber ich find 's schade." Plötzlich blieb er stehen. „Ach, sorry. Du hast es eilig, oder? Und ich halt dich mit meinem Gequatsche auf."
    
    Sein fast trauriger Tonfall ließ sie innehalten und sie drehte sich zu ihm um. Er machte wirklich einen zerknirschten Eindruck. Da wollte er nur nett sein und sie verhielt sich so abweisend.
    
    „Tut mir Leid, Magnus", sagte sie freundlich. „Nimm 's bitte nicht persönlich. Ich würd mich gern mit dir unterhalten, aber jetzt hab ich leider wirklich keine Zeit."
    
    „Stimmt", meinte er und hielt erneut mit ihr Schritt, als sie weiterging. „Dein Freund wartet auf dich."
    
    Verblüfft schaute sie ihn ...
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