1. Rapunzel 01


    Datum: 19.10.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... mich noch mal so und ich mach 's wirklich."
    
    Tanita küsste ihn nur und danach gab es nicht mehr viel zu sagen.
    
    Eine ganze Weile später fühlte Mick sich so entspannt wie schon seit längerem nicht mehr. Tanitas Kinn ruhte auf seinem Kopf, ihre schmalen Finger kraulten sein dunkles Haar. Er hatte die Nase in der Grube an ihrem Schlüsselbein vergraben und sog tief den Duft ihrer schweißfeuchten Haut ein. So geliebt und vertraut, aber gerade deswegen immer wieder erregend. Allein das Wissen, dass dieses wunderbare Mädchen nur ihm gehörte, war mehr als Gold wert. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, seine Augenlider senkten sich langsam. Heute war ein absolut ätzender Tag gewesen, er hatte fast nichts anderes getan als Autoreifen und Karosserieteile herumzuwuchten. Die letzten Stunden mit Tanita hatten ihn das zwar beinahe vergessen lassen, aber jetzt machte sich eine rechtschaffene Müdigkeit in seinem Körper breit.
    
    „Mick?" Ihre sanfte Stimme ließ ihn aus seinem Dämmerzustand aufschrecken.
    
    „Hm?"
    
    „Hältst du mich eigentlich für dumm?"
    
    Schlagartig war er wieder hellwach.
    
    „Was?"
    
    Tanita zupfte ihn leicht an den Haaren. „Anders ausgedrückt, glaubst du, dass ich noch zu etwas anderem gut bin außer zum Küchendienst?"
    
    Er löste sich von ihr und sah ihr prüfend in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick offen und ohne eine Miene zu verziehen. Anscheinend meinte sie die Frage ernst.
    
    „Na hör mal", sagte er ein bisschen spöttisch. „Seit wann nimmst du dir meine blöden ...
    ... Sprüche denn so zu Herzen? Natürlich hast du was auf dem Kasten, und zwar nicht zu knapp."
    
    Sie drehte sich auf den Rücken und faltete die Hände über der Brust. „Na ja, seit letztem Jahr mach ich ja nicht besonders viel daraus."
    
    Ach, daher wehte der Wind. „Mit anderen Worten, dir ist langweilig."
    
    „Stimmt. Mick...", sie wandte ihm wieder den Kopf zu, ihre Augen glänzten eigenartig.
    
    „Los, raus damit", forderte er sie ungeduldig auf. „Was willst du?"
    
    „Studieren!", platzte sie heraus und setzte fast lauernd hinzu: „Oder traust du mir das nicht zu?"
    
    „Quatsch. Aber..."
    
    „Was aber?"
    
    Mick stützte sich auf den Ellenbogen und rieb sich die Stirn. Irgendwie kam er sich gerade überrumpelt vor. Und aus irgendeinem Grund wurde er das Gefühl nicht los, dass sie genau das beabsichtigt hatte.
    
    „Wie stellst 'n du dir das vor?"
    
    Jetzt klang sie spöttisch. „Na, wie wohl. Ich werd mich für 'nen Studiengang bewerben und wenn man mich annimmt, werde ich studieren."
    
    „Und wenn du hier an der Uni keinen Platz kriegst?"
    
    Tanita zögerte und richtete den Blick wieder in Richtung Zimmerdecke. „Ich könnte mich ja auch an Unis anderswo bewerben..."
    
    Er lachte auf. „Ja, sicher. Und ich werd in irgendeiner andern Stadt auch natürlich sofort 'nen Job finden."
    
    Sie biss sich auf die Lippe, schien mit sich zu ringen. „Na ja, du musst ja nicht... ich meine, ich könnte ja auch..."
    
    Er ahnte, was sie sagen wollte. „Du könntest
    
    was
    
    ?" Unwillkürlich klang er gereizt. Heute ...
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