1. In der Falle


    Datum: 29.06.2018, Kategorien: Sehnsüchtige Hausfrauen

    Vielen Dank an
    
    Steffi25
    
    und
    
    Karis
    
    fürs Korrekturlesen .
    
    *
    
    Ich schrecke zusammen, als das Telefon klingelt. Ich brauche gar nicht auf das Display zu sehen, ich weiß, dass ER es ist. Es ist absurd, aber wenn ER anruft, dann habe ich das Gefühl, dass das Klingeln anders ist. Aggressiver, fordernder. Kein höfliches: "Ist jemand da?"-Klingeln, sondern ein "GEH! SOFORT! RAN!"-Klingeln.
    
    Wie immer nehme ich mir fest vor, das Klingeln zu ignorieren. IHN zu ignorieren. Und wie immer nehme ich nach dem sechsten oder siebten Klingeln ab.
    
    "Hallo?", flüstere ich und frage mich, wie ich in eine solche Lage kommen konnte.
    
    - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    
    Ja, wie kam ich in diese Lage?
    
    Ich bin seit gut 25 Jahren verheiratet. Ich habe meinen Mann nicht geliebt, als ich ihn heiratete. Er war für mich ein Mittel zum Zweck.
    
    Ich komme aus einem furchtbaren Milieu, das man heute höflich mit „bildungsferne Schichten" umschreibt. Früher nannte man das einfach „asozial". Ich hätte alles getan, um aus diesem Milieu aus Hass und Gewalt herauszukommen. Und ich habe früh begriffen, dass es für jemanden wie mich nur einen Weg dafür gab -- jemanden mit Geld zu heiraten.
    
    Ich habe das Glück, sehr gut auszusehen. Oftmals werde ich gefragt, ob ich südländische Vorfahren habe, weil ich mit meinen braunen Augen, den schwarzen Haaren und der dunkleren Haut wie eine Spanierin oder Griechin wirke. Ich weiß es nicht, denn ich habe keine Ahnung, wer mein Vater ist. Meine ...
    ... Mutter ist jedenfalls eine versoffene Schlampe.
    
    Ich kann auch so charmant und liebenswert sein, dass ich sehr schnell Menschen für mich gewinnen kann. So habe ich das auch mit meinem Mann gemacht. Als unbedeutende Fabrikarbeiterin hatte ich nach einem Mann geschaut, der erstens nicht gebunden war und zweitens das Potential für ein schönes Leben hatte. Und den habe ich dann gezielt in mich verliebt gemacht. Und ihn dazu gebracht, mich zu heiraten. Manfred eben.
    
    Aber eines möchte ich klar stellen: auch wenn ich meinen Mann nicht liebe, so bin ich ihm eine gute Ehefrau. Die beste. Keine Sekunde habe ich vergessen, wo ich herkomme und dass ich nur durch ihn so ein schönes, sorgenfreies Leben habe. Und das danke ich ihm jeden Tag. Ich tue alles für ihn, höre ihm zu, stelle keine Ansprüche an ihn, quatsche ihn nicht voll. Ich habe regelmäßig Sex mit ihm und sorge auch sonst dafür, dass ihm mit mir nicht langweilig wird.
    
    Ich bin mir sicher, dass mein Mann mich über alles liebt. Ich mag ihn inzwischen auch gern. Sehr gerne sogar. Schon weil er ein fürsorglicher und freundlicher Mensch ist, der mich auf Händen trägt. Aber ich liebe nur eine Person: unsere Tochter Sarah, die heute mit 22 Jahren an der Uni studiert. Es hat mir fast das Herz gebrochen, als sie zum Studium ausgezogen ist. Gott sei Dank haben wir ein tolles Verhältnis, sind die besten Freundinnen und quatschen jeden Tag mindestens einmal am Telefon. Und jedes zweite, dritte Wochenende kommt sie zu uns.
    
    Und so fing ...
«1234...19»