1. HomoLepus 10


    Datum: 01.06.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... man garantiert mit einem Zwölferpack Milch im Arm so weit von der Kasse weg, dass man es nicht auf das Laufband ablegen konnte.
    
    Zwölfmal einen Liter, macht zwölf Kilo, erzeugt nach wenigen Minuten lange, zittrige Arme. Ich persönlich habe noch nie jemanden gesehen, der diese Milchkartons auf den Boden stellt. Stehen die nämlich erst einmal, bekommt man seine Finger nicht mehr darunter um sie aufzuheben.
    
    Mir diese Gedanken machend stand ich weiter am Fenster und ärgerte mich insgeheim weiter. Dabei übersah ich etwas, was nur langsam über meine Augen in mein Bewusstsein drang. In dem Haus direkt gegenüber von mir bewegte sich etwas hinter einem der Vorhänge. Erst als dieser weggezogen wurde, begann ich mich dafür zu interessieren.
    
    Ich wusste, dass in der Wohnung eine junge Frau wohnte, denn ich hatte sich schon oft gesehen. Vor allem morgens konnte ich sie oft sehen. Dann rannte sie in einen Bademantel gehüllt und einem Handtuchturban auf dem Kopf durch die Wohnung. Dabei räumte sie ein wenig auf, setzte sich dann mit einer Tasse an den Küchentisch und rauchte mindestens zwei Zigaretten. Nur selten schaute sie dann aus dem Fenster, sah eher zu einem bestimmten Punkt. Vielleicht befand sich dort ein Fernseher, aber das konnte ich nicht sehen.
    
    Dann, eine halbe Stunde später stand sie auf und verschwand aus meinem Blickfeld. Wenn ich dann noch weiter hinaussah, konnte ich sie wiederum eine halbe Stunde später aus dem Hauseingang gehen sehen. Sie war dann immer recht ...
    ... sportlich und leicht angezogen und verschwand, bis sie am Nachmittag wiederkam. Da sie es die ganze Woche so tat, ging ich davon aus, dass sie arbeiten ging.
    
    Genau jene Frau stand jetzt im Fenster und sah ebenfalls heraus. Blickte erst hier, dann dort hin und nahm mich anscheinend erst wirklich wahr, als ich mich etwas bewegte. Sie sah mich lange an, denn einen rosa Hasen zu erblicken hatte sie sicher nicht erwartet. Als ich einen Arm hob und zu ihr rüber winkte, hatte ich den Eindruck, als wenn sie einen Moment überlegte, dann hob auch sie den Arm und winkte zurück. Als ich dann noch mit meinem Kopf hin und her wackelte, tat sie es mir gleich und ich meinte, einen freundlichen Ausdruck in ihrem Gesicht zu erkennen.
    
    Dann drehte sie sich auf einmal zur Seite weg, verschwand aber nicht aus dem Fenster, sondern griff nach etwas und stand wenig später wieder zu mir gewandt. Dann hob sie ihre Arme und hielt ein großes Fernglas in der Hand.
    
    Wenige Sekunden später waren die großen, runden Linsen auf mich gerichtet und ich meinte ihren Blick auf mir zu spüren. Ich blieb fast regungslos stehen, bewegte mich nur dann, wenn ich wieder einen Schluck Kaffee zu mir nahm.
    
    Länger als ich vermutet hatte, hatte sie mich in der Beobachtung und sie setzte erst zwei Minuten später das Glas wieder ab. Dann sah sie noch einmal zu mir herüber, winkte jetzt von sich aus und ich tat es ihr gleich. Ihr winken war wohl so etwas wie eine Verabschiedung, denn sie zog daraufhin den Vorhang wieder ...
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