1. HomoLepus 10


    Datum: 01.06.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    Kapitel 22
    
    Die Nacht wurde kurz. Kaum war die Sonne aufgegangen, wurde ich dann doch abgeholt, allerdings nur um mich frisch machen zu können. Es war auch nicht Sandra, die mich abholte, sondern der Fahrer. Wir gingen zusammen ins Haupthaus und nach oben. Dort konnte ich dann duschen und mich in ein neues Fell kleiden. Dies war wieder rosa und ich war mehr oder wenig froh darüber, denn es war wesentlich weiter als das echt Wirkende, welches die Angewohnheit zu haben, mit der Zeit an der Haut zu kleben.
    
    Kaum war ich aus dem Bad getreten, geleitete mich der Fahrer zurück in die Box und ich saß wieder alleine auf meinem Strohhaufen. Aber das wurde mir dann zu langweilig. Ich stand auf und begann in der Box im Kreis zu laufen. Dabei konnte ich den Tieren nachfühlen, die man oft in zu kleinen Gehegen im Zoo sah. Sie liefen auch immer hin und her oder im Kreis. Manchmal hatte sich dann mit der Zeit eine Spur auf dem Boden gebildet, auf der sie immer wieder entlang liefen. Langeweile war wirklich etwas Schlimmes. Hier gab es aber auch wirklich nichts, was einen ablenkte. Kein Fernseher, kein Computer, nicht einmal ein Radio, aus dem etwas Musik kam. Ich nahm mir vor, dieses zu ändern und nächstes Mal ein kleines Radio mitzunehmen. Doch das nützte mir jetzt auch nicht. Stattdessen kam mir in den Sinn, etwas aus dem Stroh zu basteln, was um mich herum lag. Aber es kam nicht mehr dazu. Ich hielt schon die ersten Halme in der Hand und überlegte noch, als sich wieder etwas ...
    ... tat.
    
    Ein Paar Augen wurde hinter dem Gitterfenster sichtbar die mir irgendwie bekannt vorkamen, konnte sie aber nicht gleich einordnen. Erst als der Riegel beiseitegeschoben wurde und sich die Tür öffnete, kam es mir wieder in den Sinn. Ich hatte sie schon einmal gesehen. Es war noch gar nicht so lange her gewesen, nämlich auf der Feier in diesem Haus. Diese Augen hatten mich schon damals gierig angesehen und das hatte sich anscheinend nicht geändert.
    
    Im Gegenteil. Hatte die Frau damals neben mir gesessen und war von Sandra zu Recht gewiesen worden, so sagte dieses Mal ihr Blick etwas anderes. Es war nicht nur Gier darin zu lesen, sondern die Gewissheit, diese auch stillen zu können.
    
    Also stand sie einen kurzen Moment in der Tür und trat dann einen Schritt in die Box hinein. Dabei zog sie die Tür demonstrativ hinter sich zu und schob den Riegel mit gespielter Sicherheit zu.
    
    War es mir an dem Abend unangenehm gewesen, so kam mir das jetzt anders vor. Sie sah bei Licht betrachtet besser aus, als ich noch in Erinnerung hatte und war eher gespannt darauf was passieren würde, als davon abgestoßen zu sein. Mit zwei Schritten stand sie vor mir und ich sah sie von unten herauf abwartend an.
    
    Es war fast würdelos, als sie mich an den Ohren packte und nach oben zog. Kaum stand ich auf den Beinen, fiel mir erst auf, wie klein sie eigentlich war, denn ich überragte sie um über eine Kopflänge. Doch das war ihr vollkommen egal. Sie hob ihre Hände und drückte mich damit weiter nach ...
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