1. Wenn die Nachtigall erwacht 07


    Datum: 22.09.2017, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... geben, dafür war seine Sitzblüte noch zu klein. Miriam fiel der Länge nach auf den Boden der Abstellkammer und empfand den Aufprall nicht so schmerzhaft, wie er hätte sein sollen. Für einige Atemzüge ignorierte sie diese Tatsache mit geschlossenen Augen und genoss die langsam zurückkehrende Lebenskraft in ihrem Körper.
    
    ‚Wie war es?', fragte V'nyx der IV. ungerührt von Miriams Zustand. Sie versuchte, den Kopf zu bewegen, und empfand die routinierte Bewegung als gänzlich neue Erfahrung. Mit einem mulmigen Gefühl öffnete sie die Augen. Sie nahm ihr bekanntes Umfeld in ungewohnten Eindrücken wahr. Die Bilder waren farbenfroher und seltsam verzerrt. Ihr Sehfeld erschien größer und in unzählige Einzelbilder aufgeteilt, Entfernungen und Bewegungen standen in einem anderen Verhältnis.
    
    Miriam versuchte, sich aufzurichten und bemerkte, dass ihre Unterarme länger geworden waren. Der gewohnte schwarze Glanz ihrer Haut vermittelte bisher eine elastische Oberfläche. Nun schimmerten ihre Unterarme in einer starren Schwärze, die solide, wie ein auf Hochglanz poliertes Stück Stahl, wirkten.
    
    Parallel zu den Außenseiten ihrer Unterarme verlief je eine breite Klinge, deren eine Kante mit der organischen Panzerung eine Einheit bildete, die andere Kante war eine messerscharfe nach außen gewölbte Schneide. Die Klingen ragten weit über die Handgelenke hinaus und liefen, sanft geschwungen, in blauen Spitzen aus. Ihre Hände waren vollständig erhalten, aber sie könnte damit niemand mehr zu ...
    ... Begrüßung die Hand geben, ohne ihr Gegenüber zu erstechen.
    
    Kniend richtete sie den Oberkörper auf und hob die Arme empor.
    
    »Meine Arme sind zu Schwertern geworden!«
    
    ‚Fantastische Flügelklingen', merkte V'nyx der IV. an. Sie hielt die Unterarme parallel zueinander vor ihren Oberkörper, die Klingen ragten links und rechts von ihr nach oben. Sie sah ihren Schattenwurf auf der gegenüberliegenden Wand: Er glich der Silhouette eines Engels mit angelegten Flügeln. Sie drehte die Außenseiten der Arme nach innen. Nun bildeten die Klingen einen massiven Schutzschild vor ihrem Oberkörper.
    
    Ungelenk, durch ihre neue Anatomie, richtete sie sich auf und fühlte die zahlreichen überlappenden Glieder ihres Bänderpanzers, die sich mühelos der neuen Körperhaltung anpassten. Miriam ließ die Arme sinken, die Spitzen der Klingen schleiften auf dem Boden. Mit leicht angehobenen Armen schritt sie anmutig in den Flur und ging ins Schlafzimmer, um sich im Spiegel zu betrachten.
    
    *
    
    Sie sah eine bizarre Kriegerin, der eine archaische Ästhetik mit eindeutig weiblichen Attributen zugrunde lag. Der Bänderpanzer schmiegte sich anatomisch perfekt an ihren Leib. Die schwarz schimmernde Rüstung hob ihre Kurven sogar noch hervor. Die Brüste wölbten sich, prall und unverdeckt von den Bändern. Miriam befühlte die makellosen Wölbungen mit den Fingern und achtete darauf, sich nicht selbst mit den Klingen zu verletzen.
    
    Erst zum Schluss richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf den Kopf: Ihr Gesicht war ...