1. Wenn die Nachtigall erwacht 07


    Datum: 22.09.2017, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... in den Nacken schreckte sie auf. Als sich das Band um ihren Hals schloss, konnte sie den Kopf nicht mehr absenken -- sie stand mit erhobenem Haupt in ihrer Fesselung und schluckte schwer.
    
    Aufgewühlt wartete Miriam auf den nächsten Schritt und glaubte zu verbrennen. Der anatomisch perfekte Panzer, der ihren Körper umhüllte, kühlte nicht ab, sondern schien immer heißer zu glühen, je länger sie wartete.
    
    ‚Denk an die Frucht!', vermittelte V'nyx der IV., der, auf einer für Miriam nicht nachvollziehbaren Ebene, an der Prozedur teilnahm. Die Faust, mit der sie die Frucht umschlossen hielt, war bereits angespannt. Jetzt spannte Miriam die Muskeln auf äußerste an. Ihr Arm zitterte vor Anspannung. Und kurz bevor Miriam aufgeben wollte, knackte die Schale. Zeitgleich lösten sich die Fesseln an ihren Handgelenken.
    
    Aus der zerbrochenen Schale lief eine kühle Flüssigkeit. Eine schwarze Substanz, mit der Konsistenz von dünnflüssigem Sirup, strömte zwischen ihren Fingern hindurch. Der Strom endete nicht, obwohl in der Frucht unmöglich so viel von der Substanz gewesen sein konnte. Miriam hielt ihre geschlossene Faust über den Kopf und genoss die kühlende Erfrischung. Der Saft lief über ihren Kopf, der noch immer stramm von einer Maske umschlossen war, und verteilte sich auf ihrem Körper. Das Brennen der glühenden Panzerung ließ nach, als sie von Kopf bis Fuß mit dieser Substanz überzogen war. Dennoch endete der Strom nicht, der aus ihrer Faust entsprang. Sie stand bis zu den Knien ...
    ... in der Flüssigkeit und der Pegel stieg, bis sie darin schwamm und den Kontakt zum Boden verlor.
    
    Die Wogen schlugen über ihrem Kopf zusammen. Blind und orientierungslos trieb sie in der Flüssigkeit. Miriam strampelte mit den Beinen und versuchte, nach oben zu kommen. Aber sie wusste nicht, wo oben war. Die Maske, die eben noch ihren Kopf umschloss und ihr die Sicht nahm, löste sich auf. Dennoch war sie innerhalb dieser Flüssigkeit blind. Ein wachsender Drang nach frischer Luft ließ Panik in ihr aufkommen. Die Gelassenheit, mit der sie sich in dieses Abenteuer gestürzt hatte, schmolz wegen solch einer Kleinigkeit wie Atmen.
    
    Ihre Bewegungen wurden träge. Die Flüssigkeit schien sich zu verfestigen, oder verloren ihre Muskeln an Kraft? Hektisch zuckend kämpfte sie mit dem zähen Saft um ihre Freiheit, um Luft, um ihr Leben. Die Königin riss ihre Augen panisch auf und blickte in diffuse Dunkelheit. Eine fahle Lichtquelle gab ihr die vage Hoffnung, der Oberfläche nahe zu sein, und sie versuchte, diesem Licht näherzukommen. Ihre Lunge schmerzte, die Muskeln brannten und verkrampften. Sie verlor das Bewusstsein und ließ ihren Körper erschlafft sinken.
    
    ***
    
    Kälte!
    
    Um sie herum war es kälter, als in dem Sirup, in dem sie eben noch geschwommen war. Panisch riss sie ihren Mund auf und sog frische Luft in ihre Lungen. Geschwächt von dem kräftezehrenden Besuch im Wald des Wissens, kippte ihr Oberkörper zur Seite. V'nyx der IV. war nicht in der Lage, seiner Königin genug Halt zu ...
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