Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997
Datum: 24.03.2018,
Kategorien:
Kunst,
... Sommerferien?"
Das war eine gute Frage. Eigentlich nichts. Die Pläne, die Nadine mit Michael gemacht hatte, hatten sich ja zerschlagen. Und mit ihrer Mutter und ihrem Bruder wieder für zwei Wochen nach Ruhpolding zu Onkel und Tante - oh nein, das hatte sie diesmal abgelehnt. Sie würde allein zu Hause bleiben, das hatte sie mit ihrer Mutter schon vereinbart. Ab und zu reiten, an den See raus fahren, lesen und sich mit den daheimgebliebenen Freunden treffen. Viel war das nicht, aber immerhin, zum ersten Mal allein für längere Zeit.
Könnte sie da nicht auch mal zu ihm, zu Michael Schneider, mal zu Besuch? Nadine kribbelte es sofort wieder am ganzen Leib. Das würde sie nicht aushalten. Der wohnte da bestimmt nicht allein, und dann die ganze Zeit neben diesem Bild von einem Mann verbringen - ohne dass daraus was wird?! Das wäre das Schlimmste überhaupt...
Und dennoch, es ließ sie nicht los. Was also antworten?
"Hab noch nichts vor."
war ihre knappe, alles offen lassende Antwort.
"Dann komm doch einfach mal vorbei, wenn es hier einigermaßen steht. Platz habe ich jede Menge."
Das ging ihr nun alles fast zu schnell. Aber es hatte seinen Reiz. Einen schier übermächtigen Reiz.
"Ich brauche auch nicht viel Platz. Wohnst Du denn allein?"
"Ehrlich gesagt: Ja. Habe gerade eine langjährige Beziehung beenden müssen. Aber das Alleinsein dient meiner eigenen Selbstfindung. Das soll nicht heißen, dass Du mich nicht gern hier mal besuchen darfst, ich bin ja kein ...
... Eremit. Im Sommer ist es hier traumhaft schön, mit Badestrand, und auch nicht weit zu den Stränden der Ostsee. - Wäre ich schon so weit mit meinem Haus, würde ich einfach sagen: Trag Dich doch einfach bei mir im Ferienlager ein! Denn wenn ich hier fertig bin, dann werde ich zusammen mit ein paar Freunden von der örtlichen Kirchengemeinde und aus unserem Verein einen Stall zu einem Jugendhof umbauen, in dem wir Ferienzeiten anbieten wollen. Aber das ist Zukunftsmusik, das wird erst was in zwei, drei Jahren. Dann solltest Du auf jeden Fall mal kommen (auch wenn Du dann vielleicht schon studierst...)"
Nadine hatte noch zehn Minuten Internetzeit:
"Und im Moment finden keine Lager mehr statt?"
"Leider nein, die Gemeinde ist erst wieder im Aufbau, ebenso der Verein, wir wollen das starten, immerhin ist die Lage hier perfekt für so etwas.
Aber wenn Du so fragst: Warum eigentlich nicht? Im kleinen könnte ich ja schon mal damit anfangen. Du wärest dann aber die einzige Teilnehmerin..."
Das wäre doch die Idee!, jubilierte Nadine still. Sie würde ihrer Mutter einfach erklären, dass sie nach Weeslow in ein Kirchen-Ferienlager führe. Das wäre absolut unauffällig. Nun gut, die plötzliche Wandlung zur eifrigen Christin, vielleicht etwas plötzlich... Aber immerhin, sie hatte ja sonst nichts vor, das wäre eine schöne Sache, so ein Ferienlager. Nur mit ihm...
"Jetzt ganz ehrlich: Kann ich wirklich mal zu Dir zu Besuch kommen?"
fragte sie ihn noch immer ungläubig.
"Klar, ich ...