1. Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997


    Datum: 24.03.2018, Kategorien: Kunst,

    ... Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank hinter einer Bar herausholte, vertäute der Jüngere am Heck das Ruderboot, kam dann in den Führerstand, warf den Motor wieder an und wendete das Schiff nach Norden in die ursprüngliche Richtung. Nadine stand währenddessen etwas unschlüssig mitten im Fahrgastraum.
    
    „Wir bringen Sie erstmal nach Bad Sorow, dann sehen wir weiter.“ meinte der Ältere und reichte ihr die Flasche. Nadine nahm sie ihm ab und trank sie in einem Zug halb leer.
    
    „Ich heiße übrigens Fritz. Und das da ist Tom, mein Sohn.“
    
    Der besagte Tom drehte sich kurz zu ihr um und nickte wortlos. Sie erwiderte sein Nicken. „Ich heiße Nadine…“
    
    „Und das hier ist unser Schiff, die `Mathilda`. Sonst fahren wir Touristen von Festenwalde nach Bad Sorow und Weeslow. Aber nicht heute. Freitags bringen wir unser Boot auf Vordermann und kaufen ein."
    
    "Und retten junge Mädels aus Seenot…“ ergänzte Tom grinsend.
    
    „Oh Gott, ja, danke! Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen dafür danken soll!“
    
    „Ach, darüber reden wir noch…“ meinte Fritz, der Ältere, gutmütig. „Wir haben Sie vorhin schon winken sehen. Erst haben wir gedacht, wir gucken nicht richtig. Das sah nämlich durch das Fernglas aus wie ein nacktes Mädchen…“
    
    „Und dann dachten wir“, fiel ihm sein Sohn ins Wort, „wir dachten, verdammt nochmal, wir haben doch noch gar nichts getrunken… Und dann sind wir sicherheitshalber nochmal umgedreht.“
    
    „Zum Glück!“ meinte Nadine. „Ich wusste nicht, wie ich da wieder wegkommen ...
    ... sollte…“
    
    „Ach, keine Sorge“, feixte Tom, „einfach auf Wind und Strömung verlassen! So etwa Ende August wären Sie dann wieder an Land gewesen…“
    
    Fritz gab ihm recht. „Genau. Und da hätt´ man Sie dann als Brathering stückweise im Fischbrötchen verkaufen können.“
    
    Sie stimmte in das Lachen der beiden ein. So allmählich begriff sie, in welcher Gefahr sie sich befunden hatte, denn wenn kein Boot oder Schiff mehr vorbeigekommen wäre, hätte sie vielleicht tatsächlich den ganzen Tag da draußen verbringen müssen.
    
    „Und was machen Sie sonst so, wenn Sie nicht versuchen, auf offenem Wasser zu Braunkohle zu werden?“ wollte Tom, der jüngere, wissen.
    
    „Ich bin Schülerin. Aus Potsdam." erzählte Nadine ihnen artig.
    
    „So so, aus Potsdam... – Also, wir sind gleich in Bad Sorow. Da steht unser Wagen. Wir können Sie dann nach Hause bringen oder da hin, wo Sie wohnen.“
    
    "Das heißt: Altes Forsthaus."
    
    "Ach, bei Elsa?!"
    
    „Sie kennen sie?“
    
    "Jeder hier kennt Elsa…“ meinte Fritz. „Und ich bin sogar mit ihr zur Schule gegangen…“
    
    „Du warst auf einer Schule? Hast Du mir nie erzählt!“ frotzelte sein Sohn vom Steuerrad aus.
    
    „Du!“ drohte Fritz. „Wenn wir nicht schon zu dicht am Ufer wären, würde ich Dich jetzt im Ruderboot hier aussetzen, und zwar nackt! Du bist mir ohnehin schon seit dreißig Jahren zu frech!“
    
    „Ich kann Elsa nachher ja mal fragen, ob das mit der Schule stimmt.“ erwiderte sein Sohn ungerührt. „So, wir sind gleich da.“
    
    Keiner der beiden Männer war zwischendurch auf ...
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