Weeslower Chroniken Teil 1 - Nadine - 1997
Datum: 24.03.2018,
Kategorien:
Kunst,
... Paddel über Bord gefallen sein mussten. Sie hatte sie nicht eingeholt, und nun waren sie nirgendwo mehr auf dem Wasser zu entdecken.
Das Ufer war weit entfernt – weit außer Rufweite. Zudem schien dort außer der Brücke nichts zu sein, wo sich Menschen aufhalten würden. Auf dem See waren nur ganz entfernt am Horizont ein paar Segelboote zu sehen. Noch war Nadine nicht panisch, aber sie wurde doch zunehmend nervös: Was sollte sie jetzt machen? Schwimmen? Dummerweise hatte sie sich gerade eben schon reichlich ausgepowert, und sie spürte, dass sie nicht allzu sehr in Übung war. Außerdem konnte sie ja wohl kaum Michaels Boot sich selbst überlassen. Das Boot schwimmend vor sich herschieben? Kostete viel zu viel Kraft. Warten? Oh Gott – worauf?! Dass die anderen sie vermissten? Michael war bestimmt noch ein paar Stunden weg, Elsa ebenso.
Da bemerkte sie ein größeres Boot – ein kleines Ausflugsschiff. Es schien auf dem Weg von Festenwalde nach Norden zu sein, aber weit in der Seemitte, also weit entfernt von ihr entfernt.
Als das Schiff auf seinem Weg ihr am nächsten schien, sprang Nadine auf und winkte und rief. Aber es fuhr weiter. Enttäuscht setzte sie sich wieder hin.
Sie hatte noch einen halben Liter Wasser mit, mehr nicht. Der Sonnenhut hielt die Sonnenstrahlen ein wenig ab, aber nur an Kopf und Schultern. Es war etwa elf Uhr vormittags und wolkenlos...
Doch nach fünf Minuten erblickte sie das Schiff plötzlich wieder. Es kam zurück und hielt direkt auf sie zu. Es ...
... kam näher und näher. Nadine sprang erleichtert auf und winkte wieder und rief. Tatsächlich, da kam die Rettung.
Als das Boot nur noch wenige Meter entfernt war und den Motor drosselte, um Fahrt wegzunehmen, erschien vorn ein Mann, Mitte fünfzig, groß und untersetzt.
„Können wir Ihnen helfen?“ rief er laut.
„Ja, bitte! Ich sitze fest. Ich habe meine Ruder verloren!“
Das Schiff legte bei. Der Mann sah sich um: „Sind Sie ganz allein hier draußen?“
Nadine stand noch immer und versuchte dabei, das Gleichgewicht zu halten. „Ja, ich bin allein…“
Der Mann schaute verwundert in das Boot. „Und wo sind Ihre Sachen?“
Nadine lächelte etwas beschämt. „Ich habe keine Sachen mit… Nur den Hut…“
„Soso…“
Es erschien ein zweiter Mann, deutlich jünger, in der gleichen Kleidung, anscheinend der Sohn.
„Wo kommen Sie denn her?“ fragte der Ältere.
Nadine zeigte nach Osten. „Von da drüben, vom Mühlensee."
„Hmm… Dahin können wir Sie aber nicht hin zurückschleppen, da kommen wir nicht durch… Kommen Sie erst mal rein…“
Während der Jüngere Nadines Boot heranzog, half ihr der Ältere an Bord. „Na, dann mal willkommen auf der `Mathilda´. Ist zwar nicht die Queen Mary, aber dafür haben wir die schöneren Fahrgäste…“
„Und den drolligsten Käptn…“ meinte der Jüngere lakonisch von der Seite her.
Der Ältere bat Nadine mit einer Handbewegung hinein. „Mögen Sie was trinken?“
„Oh ja, sehr gern!“ Nadine merkte erst jetzt, wie erschöpft sie war.
Während der Ältere eine ...