1. Migration


    Datum: 23.03.2018, Kategorien: Betagt,

    ... meiner Frau. Von ihr und einem anderen Mann.
    
    Aber der Reihe nach.
    
    Rückblende -- eine Woche zuvor:
    
    Kati legte die Frauenzeitschrift beiseite, in der sie gerade geblättert hatte.
    
    „Wir müssen etwas für unsere Gesundheit tun. Uns bewegen, abnehmen."
    
    Derlei Mahnungen waren nicht neu. Meine Frau äußerte sie in regelmäßigen Abständen. Ich hatte diese Appelle bisher erfolgreich ausgesessen. Dabei hatte sie ja recht. Aber ich tat mich schwer, mir den berühmten Ruck zu geben.
    
    Diesmal war es anders. Zweifellos war es nur Zufall, dass ich mich an diesem Tag nach dem Duschen kritischer als sonst im Spiegel betrachtet hatte. Ich wirke nach außen hin vielleicht nicht wirklich dick, mir in unbekleidetem Zustand eine gute Körperform zu bescheinigen, erfordert jedoch viel Nachsicht. Der Spiegel warf ein alles andere als eindrucksvoll männliches Bild zurück.
    
    „Ich weiß", seufzte ich einmal mehr. Angesichts der deprimierenden Erinnerung an meine morgendliche Körperbetrachtung setzte ich diesmal allerdings hinzu: „Wenn du eine vernünftige Idee hast, was wir machen können, soll es mir recht sein."
    
    „Wir können uns doch mal informieren", war ihr Vorschlag. „Es muss ja nicht gleich ausarten. Bestimmt gibt es irgendwelche Gruppen, denen man sich auch als Ungeübte anschließen kann. Und wenn es für den Anfang nur etwas mit Gymnastik oder Wandern ist. Oder Yoga, das soll ja gleichzeitig für körperliche und geistige Fitness gut sein. Wir kommen allmählich in ein Alter, in dem ...
    ... beides wichtig ist. Ich weiß zwar nicht, ob man dabei auch Gewicht verliert, aber Hauptsache, wir unternehmen erst einmal etwas."
    
    „Außerdem", setzte sie noch hinzu, „lernt man vielleicht auch wieder mal ein paar Leute kennen. Das kann auch nicht schaden."
    
    Auch da konnte ich ihr nicht widersprechen. Vielleicht war dieser Wunsch für sie sogar noch ausschlaggebender als das Gesundheitsargument. Seit wir vor zwei Jahren dieses Haus gekauft hatten und 40 Kilometer von unserem früheren Wohnort entfernt lebten, waren auch unsere alten Kontakte weitgehend eingeschlafen, beschränkten sich auf gelegentliche Besuche. Die gesellschaftliche Einbindung war aufgrund der Distanz nicht mehr gegeben. Und hier hatten wir noch nichts Vergleichbares aufgebaut. Unser Sohn und unsere Tochter waren aus dem Haus und lebten weit entfernt. Mit den Nachbarn tauschten wir Grüße aus, mehr nicht.
    
    Nicht dass Kati an sehr engen Beziehungen gelegen war. Wenn es wirklich intim wurde oder andere ihr körperlich zu nah kamen, entzog sie sich gern. Es musste schon eher locker und unverbindlich bleiben. Aber zu einem ausgefüllten Privatleben gehörte für sie eben auch ein Bekanntenkreis, in dem man sich aufgehoben fühlte, sich austauschte, Gespräche führte.
    
    Was ihr Gewicht betraf, musste sie sich nämlich im Gegensatz zu mir keine so großen Gedanken machen. Fand ich jedenfalls, auch wenn sie selbst das nicht so sehen wollte. Wie so viele ihrer Geschlechtsgenossinnen griff sie sich häufig an Hüften und Po mit ...
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