1. Freiräume


    Datum: 15.03.2018, Kategorien: BDSM

    »Sieh mal Mami, ich habe ein Bild für dich gemalt.«
    
    »Sehr schön mein Schatz. Bitte schnalle dich an, damit ich losfahren kann.«
    
    »Du hast ja gar nicht geguckt!«, protestierte der kleine Lockenschopf auf der Rückbank und rang im Kindersitz mit dem Sicherheitsgurt.
    
    »Ich schaue es mir später an«, versprach Tine, blickte in den Rückspiegel und versuchte, ein fürsorgliches Mamalächeln aufzusetzen. Die Kindergärtnerin winkte vom Zaun aus, Tine winkte zurück, und ihr Lächeln fühlte sich noch verkrampfter an.
    
    Gedankenversunken fädelte sie sich in eine freie Lücke und schwamm mit dem Feierabendverkehr durch die Schluchten der Großstadt. An einer roten Ampel schossen Tine einzelne Gesprächsfetzen des Telefonats von heute Mittag durch den Kopf: »Du bist also eine kleine versaute Mami!«
    
    Ein Hauch von Verzweiflung huschte über Tines sommersprossiges Gesicht. Sie strich sich mit der Hand verlegen über ihren Hals, als wolle sie die Schuld von sich wischen und schüttelte den Kopf.
    
    ‚Nein, das stimmt so nicht', dachte sie im Nachhinein.
    
    »Ja, manchmal«, war ihre Antwort am Telefon.
    
    »Mami!«
    
    Hinter ihr hupte es, die Ampel war längst grün. Sie fuhr holprig an und würgte fast den Motor ab.
    
    »Mami!«
    
    »Ja?«
    
    »Wann ist Sonntag?«
    
    »In zwei Tagen mein Schatz.«
    
    »Ohh, noch so lange?«
    
    »Du freust dich auf den Zoo, stimmt's?«
    
    »Die haben da Elefanten und ... und echte Tiger, hat die Klara gesagt und die ...«
    
    Die Kleine kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr ...
    ... heraus. Oh Gott, wie sehr Tine ihren kleinen Engel liebte. Das erste Mal seit Jahren wollte sie etwas anderes als „Mama" sein, das war ihr Recht und doch kam es ihr vor wie Betrug gegenüber ihrer Tochter.
    
    Jung, sportlich, berufstätig, alleinerziehend, gesundes Essen selbst zubereiten -- was sollte sie denn noch alles schaffen?
    
    ***
    
    Tine schnitt Gemüse, achtete auf die Pfanne mit dem brutzelnden Hackfleisch und sprach ins Telefon, das sie zwischen Kopf und Schulter geklemmt hielt.
    
    »Super bis nachher!«, verabschiedete sie sich und legte das Telefon weg.
    
    »Oma kommt nach dem Essen«, rief sie durch die offene Küchentür.
    
    »Warum?«, fragte die Kleine monoton, ohne den hypnotischen Blick vom Fernsehgerät zu wenden.
    
    »Weil ich heute Abend ausgehe.«
    
    »Warum?«
    
    »Weil Mamis auch mal etwas alleine unternehmen wollen.«
    
    »Warum?«
    
    Tine beendete das Warum-Spiel durch Schweigen, es kamen auch keine weiteren Fragen mehr -- das Kinderprogramm war interessanter.
    
    ***
    
    Die Oma, Tines Mutter, beschäftigte sich mit der Kleinen. Tine stand im Bad und nahm letzte Korrekturen an ihrem Make-up vor. Kleine Spangen bändigten die halblangen roten Locken liebevoll. Sie wirkte jugendlich, sexy, frech -- wie früher, nur nicht so unbefangen.
    
    »Glaubst du, in dieser Aufmachung einen neuen Vater für die Kleine zu finden?«, fragte Tines Mutter. Sie lehnte mit verschränkten Armen am Türrahmen zum Bad und betrachtete ihre Tochter skeptisch.
    
    Tine drehte sich in ihrem knielangen ...
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