1. Rapunzel 02


    Datum: 21.02.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... ohne dich leben zu müssen."
    
    Tanita strich ihm über die Brust. „Heute würde ich dich aber nicht mehr unbedingt als meinen Ziehvater bezeichnen", grinste sie, wurde aber gleich darauf wieder ernst. „Mick -- ich liebe dich."
    
    Statt einer Antwort küsste er sie. „Wird Zeit, dass ich nach Hause komme", brummte er.
    
    Seufzend legte sie den Kopf wieder auf seine Schulter. Einerseits ja, aber andererseits... Vielleicht würde sie ihm eines Tages auch von ihrem schlechten Gewissen erzählen. Aber ganz sicher nicht jetzt.
    
    Viertel nach drei. Eigentlich hatte sie schon seit kurz vor zwei frei. Mick knirschte unwillkürlich mit den Zähnen, er bearbeitete das schmutzige Geschirr zunehmend unsanfter. Vielleicht war sie ja einkaufen gegangen. Aber was zur Hölle sollte sie jetzt schon wieder kaufen wollen? Sie hatte doch gestern erst alles besorgt, was sie für die Woche brauchten.
    
    Er war gerade im Begriff, den Abwasch sein zu lassen und sie auf dem Handy anzurufen, das er ihr mitgegeben hatte, als er hörte, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Dann folgten die weiteren vertrauten Geräusche des Nachhausekommens: das Plumpsen ihres Rucksacks auf den Boden, das Rascheln, als sie die Jacke auszog, das leise Poltern mit dem ihre Schuhe neben seinen in der Ecke landeten.
    
    Keine zwei Atemzüge später stand sie auch schon in der Küche und schlang fast ausgelassen von hinten die Arme um ihn.
    
    „Hi! Mensch, danke fürs Abwaschen. Aber eigentlich gehörst du noch ins Bett."
    
    „Ist mir ...
    ... allein zu langweilig", gab er zurück. Der leichte Groll in ihm war verflogen, er liebte es, wie sie sich an ihn drückte, sodass er ihre weichen Brüste an seinem Rücken fühlte. Außerdem rührte ihn ihre Besorgnis.
    
    Tanita lachte leise. „Wenn du schon wieder an so was denkst, kann 's deinem Kopf ja nicht mehr so schlecht gehen."
    
    „Wüsste nicht, dass ich dafür je meinen Kopf gebraucht hätte", grinste er und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Warum bist du heute eigentlich so spät dran?"
    
    „Ach, ich hab noch kurz mit ein paar Leuten zusammengesessen, wir haben versucht, ein paar Fragen zu klären. Chemie und so."
    
    „Was für Leute?", wollte er misstrauisch wissen.
    
    „Kommilitonen. Leute, die mehr von Chemie verstehen als ich. Wir haben nur etwa 'ne halbe Stunde in der Mensa zusammengesessen und dann musste ich noch 'ne Viertelstunde auf den Bus warten. Das dauert natürlich, bis ich dann hier bin."
    
    Mick ließ das Spülwasser ablaufen und fing an, unter fließendem Wasser den Schaum von den Tellern zu spülen. Tanita löste sich von ihm und schnappte sich das Geschirrtuch.
    
    „Ich hab 's dir immer gesagt", meinte er nicht ohne Genugtuung. „So schnell und zuverlässig wie ich bringt dich kein Bus von A nach B."
    
    „Ja, schon", antwortete sie bedächtig und räumte das abgetrocknete Geschirr in den Schrank. „Aber andererseits brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mit dem Bus fahre."
    
    „Wie soll ich das jetzt verstehen?"
    
    Tanita schaute ihn nicht an. „Na ja", sagte ...
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