1. Rapunzel 02


    Datum: 21.02.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... ihrem Kommilitonen kein bisschen unwohl. Im Gegenteil, während der restlichen Fahrt taute sie richtig auf und stellte ihm ihrerseits lebhaft Fragen. Als sie aussteigen mussten und gemeinsam zum Bioturm gingen, hatte sie schon das Gefühl, seine gesamte Lebensgeschichte zu kennen.
    
    Als hätte er ihre Gedanken erraten, stellte Magnus fest: „So, von mir weißt du jetzt, woher ich komme, dass ich nach dem Abi ein Zivi-FÖJ und danach Work and Travel in Australien gemacht hab, dass ich mich quasi ausschließlich von Pizza ernähre und Bio nur studiere, weil ich in der Schule nichts anderes konnte. Und von dir weiß ich gerade mal deinen Namen und dass du einen Freund hast, der seine Beschützerrolle sehr ernst nimmt, diese aber zu meinem Glück gerade nicht ausüben kann. Wie stehen denn die Chancen, mehr über dich zu erfahren?"
    
    Schlagartig wurde Tanita aus ihrer guten Laune gerissen. Sie brauchte nicht viel Fantasie um sich auszumalen, was er wohl zu dem sagen würde, was sie zu erzählen hatte. Wahrscheinlich würde er sie für komplett gestört halten, aber bestimmt nicht verstehen. Daraus konnte sie ihm noch nicht einmal einen Vorwurf machen, er war schließlich genau wie die anderen, in deren konservativer Denkweise schlicht kein Platz war um ihre Lebensweise zu akzeptieren.
    
    Magnus spürte offenbar, dass er irgendeine Art von Fettnäpfchen erwischt hatte. „Okay, lassen wir das. Mal was anderes: Was machst du denn sonst immer so zwischen Zoologie und Chemieübung?"
    
    Etwas überrumpelt ...
    ... sagte Tanita: „Ach... nichts besonderes. Meistens geh ich in die Bib und arbeite da ein bisschen."
    
    „Hättest du nicht Lust, heute mal mit in die Mensa zu kommen? Oder hast du dem Essen dort komplett abgeschworen?"
    
    Aus Gewohnheit wollte sie schon nein sagen, aber -- warum eigentlich? Magnus war doch nur ein Kommilitone, niemand, vor dem man sich in Acht nehmen musste. Und außerdem stand jetzt kein Mick hinter ihr, der von ihr eine Rechtfertigung verlangte.
    
    Ihre zuvor noch verschlossene Miene hellte sich auf. „Ich komm gern mit", sagte sie.
    
    Es kam ihm so vor, als sei er gerade erst eingedöst, da riss ihn schon wieder etwas aus seinem leichten Schlaf. Mühsam öffnete Mick die Augen. Sie tränten und fühlten sich geschwollen an, geschuldet der hinter ihm liegenden Nacht, wohl der bisher beschissensten seines Lebens. Was er dann allerdings sah, ließ ihn seinen hämmernden Schädel und die ständige Übelkeit einen Moment vergessen.
    
    „Hallo", sagte Tanita und strahlte ihn an.
    
    Er hoffte, dass das, was seine Mundwinkel taten, zumindest entfernte Ähnlichkeit mit einem Lächeln hatte.
    
    „Hey, mein Mädchen. Wie lange bist du denn schon hier?" Das war ja furchtbar, er brachte kaum einen vernünftigen Ton raus. Sein Mund war total trocken, aber wenn er jetzt was trinken würde, käme es ihm garantiert wieder hoch.
    
    „Seit gerade eben. Ich fürchte, ich hab dich geweckt."
    
    „Ach was. Hier kriegt man eh kein Auge zu. Komm", er klopfte leicht mit der Linken auf die Bettkante, „setz ...
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