Rapunzel 02
Datum: 21.02.2018,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... raus!" Trotzdem ließ er das Mädchen los. Ohne eine Regung hatte sie seine rüde Behandlung über sich ergehen lassen. Irgendwie war ihr alles egal. Gelangweilt hörte sie, wie Mick das Übliche von sich gab: „Sag doch endlich was... Rede mit mir... Mach den Mund auf, du verstocktes Ding...", und plötzlich hatte sie keine Lust mehr, zu stehen. Sie sackte einfach so zusammen, sagte ihren Knien, sie könnten mal Pause machen. Bevor sie auf dem Boden landen konnte, hatten Micks kräftige Arme sie schon fest im Griff. War dieser entsetzte Aufschrei eben etwa von ihm gekommen?
„Mein Mädchen... Scheiße noch mal, was hast du bloß...?"
„Keinen Bock mehr", sagte sie und grinste schon wieder. Er versuchte, sie wieder auf die Beine zu stellen, aber sie machte sich schwer wie einen Mehlsack, bis er sie auf den Arm nahm.
Die arme Frau Kunstein war nun vollkommen außer sich. „Du meine Güte! Ich... brauchen Sie Hilfe, Herr Steffen? Kann ich etwas für Sie tun?"
Mick begann, mit Tanita auf den Armen die Treppe zu ihrer Wohnung hochzusteigen.
„Ja", grollte er die alte Frau finster an. „Fahren Sie zur Hölle!"
Am liebsten hätte er geheult. Natürlich tat er das nicht, das brachte ihn schließlich auch nicht weiter. Kurz hatte er überlegt, den Notarzt zu rufen oder sein Mädchen gleich selbst ins Krankenhaus zu fahren, aber dann tat er es doch nicht. Fieber hatte sie keins und ihr Puls erschien ihm kräftig und regelmäßig. Vielleicht war sie nur unterzuckert, hatte zu wenig getrunken ...
... oder war übermüdet. Konnte auch Eisenmangel sein, es gab tausend Gründe, wegen denen der Kreislauf einer an sich gesunden jungen Frau schlapp machen konnte.
Mick hatte sie direkt aufs Bett gelegt und ihr beim Ausziehen helfen wollen, aber da war sie plötzlich wieder lebendig geworden, hatte ihn abgewehrt, Jacke und Schuhe abgestreift und war dann mit dem Rücken zu ihm liegen geblieben. Er fühlte ihr die Stirn und Wangen, fand aber, dass sie eine normale Temperatur hatten, höchstens etwas kühl waren. Als er ihren Puls messen wollte, zog sie nach nicht einmal zehn Sekunden unwirsch die Hand weg.
Unglücklich saß Mick an ihrer Seite, wusste nicht, was er tun sollte.
„Tanita, Mädchen, was fehlt dir denn?"
Er fragte sie alles mögliche: Ist dir schlecht, schwindelig, hast du Schmerzen?
Keine Antwort.
„Willst du was trinken? Oder essen?"
Sie drehte den Kopf und vergrub das Gesicht im Kissen.
Fast zaghaft streckte er die Hand aus und streichelte ihre Schulter.
„Es tut mir Leid. Ich wollte nicht so ausrasten. Aber... so hast du dich noch nie benommen. So abweisend. Ich verstehe dich nicht."
Ihre Schulter machte eine Bewegung, als wollte sie seine Hand abschütteln. Und dann endlich sagte sie etwas.
„Lass mich einfach in Ruhe."
Dumpf drang ihre Stimme aus dem Kopfkissen heraus, schleppend und unendlich müde.
Diesmal wagte Mick nicht, sie anzuschreien oder womöglich grob anzufassen. Es schien, als wäre das Schlimmste, was er jetzt tun konnte, sich ...