Vom Leid des Erwachsenwerdens
Datum: 24.12.2017,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... kecker Frevel! Solches war damals völlig außerhalb jeder Ordnung, denn meine Spielkameraden hatten ja überhaupt kein Verständnis dafür, daß ich mich mit MÄD-CHEN unterhielt. Das war wohl das allerletzte. MÄD-CHEN! Das war die andere Seite, die GANZ andere Seite. Mädchen. Das waren weiße Söckchen, Schleifchen im Haar, Dinger die mit Puppen spielten. Mein Gott, PUPPEN! Mit anderen Worten: Mädchen waren Wesen einer anderen Welt. Man behandelte mich zeitweise wie einen Überläufer, der keinem geringeren als dem Erzfeind aller Menschen, gemein-verräterisch und aus niederen Beweggründen die keinerlei Definition oder Entschuldigung zulassen, die allerallerwichtigsten und strenggeheimsten Informationen zugespielt hat. Das Kollektivurteil war: Schuldig in allen Punkten der Anklage. Ich war ein Aussätziger. Ein Verräter. Geächtet. Vogelfrei.
Schöne Scheiße. Von nunab durfte ich nur zusehen, wenn meine Kameraden auf dem Kriegsplatz, wo sich die Kriegsstraße, parallel zu meiner Pissmannstraße verlaufend trafen, Fußball spielten. Obwohl ich ein wirklich guter Kicker war, wäre es unter der Würde eines Jeden gewesen, mit mir in einer Mannschaft zu spielen, oder vielleicht sogar nur gegen mich zu spielen. Ich war Luft. Dünne Luft. Eine Spiegelung meines früheren Ichs, an das man sich nur ganz schwach zu erinnern schien. Dieser Status Quo hielt einige Zeit an. Für mich eine glatte Ewigkeit.
Ein Mädchen war es sodann auch, das mich beinahe, mit ihrer Freundlichkeit, frühzeitig ins ...
... Jenseits geschickt hätte.
Dieses Ereignis ist wohl das Ereignis meines Lebens. Es hat, zumindest unterbewußt, alle meine späteren Geschicke, so wie ich überzeugt bin, maßgeblich beeinflußt. In voller Tragweite wurde mir das erst kürzlich klar. Diese Geschichte habe ich bist jetzt nur 5 Menschen erzählt. Menschen, die mir nahestehen. Warum ich sie jetzt hier veröffentliche? Ohne diese Begebenheit zu erwähnen, würde ich jedem Leser die Möglichkeit rauben zu verstehen wer ich wirklich bin. Außerdem möchte ich bei dieser autobiographischen Erzählung so authentisch und objektiv wie nur eben möglich bleiben. Das was ich auslasse, habe ich vergessen. Ich vergesse weniges, da mein Gedächtnis, durch meinen später Beruf, notgedrungen bestens funktioniert. Ich kann fast den genauen Wortlaut von Telefongesprächen, die zum Beispiel 2 Jahre zuvor geführt wurden, nacherzählen. Und ich führte sehr oft 100 Telefongespräche am Tag. Diese Begabung ist antrainiert und in meinem Beruf unerläßlich. Von naturaus habe ich ein fotografisches Gedächtnis, daß mir auch sehr geholfen hat. Nun zu den Geschehnissen dieses warmen Sommertages. Es muß ein Sonntag gewesen sein, denn ich erinnere mich ein weißes Hemd, das viel zu heftig gestärkt war, getragen zu haben. Es war nichts zu tun. So stand ich im Hauseingang des fünfstöckigen Mietshauses mit der Nummer 32, das meine Urgroßmutter gehörte und harrte der Dinge die da kommen mochten. Daß ich, innerhalb der nächsten 10 Minuten in akuter Todesgefahr sein würde, ...