Vom Leid des Erwachsenwerdens
Datum: 24.12.2017,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... sein muß. Bart macht eben selbstbewußt, oder auch nicht, denn nur der Gedanke allein, mich nun gefestigten Schrittes auf die Socken zu machen und wirklich und endgültig durch ihre Straße zu marschieren, produzierte alle vorgenannten akuten Liebeskrankheitssymptome auf ein Mal. Mir war speiübel. In diesem Zustand der gerade noch kontrollierbaren Übelkeit und mit dementsprechend wackeligen Knien, ging ich meinem Schicksal entgegen. "Do not forget me, oh my darling...." (Filmmusik zu Original: High Noon, Titel im deutschsprachige Raum: 12 Uhr Mittags) Ja, genauso muß sich der alte Merry Pooper gefühlt haben, als er den gesammelten Bösewichten des Wilden Westens gegenübertrat. Der Weg war weit und der Geist von Merry Pooper bei mir. Die frische Luft, diese Karnevalsveranstaltungen finden zur unmöglichsten Jahreszeit statt, tat mir gut und mit jedem Schritt verließ mich ein wenig die Übelkeit, nur um ständig wachsender Panik Platz zu machen. Ja, Panik. Panik mit allen ihren Nebenwirkungen wie kalte Hände, kalte Füße, heißer Kopf mit kaltem Schweiß darauf. Die schwarze, breitkrempige Dunstkiepe tat ihr übriges, der Kleber meines Bartes löste sich auf. Ungeachtet allem Diskomfort, wie in Trance, ging ich weiter meinem Ziel entgegen. Merry Pooper eben. 200m bevor ich in ihre Straße einbiegen mußte wurde die Panik so groß, daß ich dachte zu kollabieren. Vor meinem imaginären Auge spielten sich die dramatischsten Ereignisse ab. Krankenwagen! Ja, wie säh' das denn aus? Wyatt Earp, ...
... Zorro und Merry Pooper in einer Person in einem Krankenwagen weggekarrt?! Gott, wie peinlich!
Jetzt war ich nun einmal hier und nahm meinen letzten Mut, der noch in mir kleinem Häufchen Elend steckte, zusammen und bog ein, auf die Straße wo sie lebte. Keine Menschenseele war zu sehen.
Ich war enttäuscht und befreit zugleich, denn es war schade, weil jetzt wo ich da war, wäre ich auch zu allem bereit gewesen und gut, denn ich war zu nichts gezwungen. Ziemlich gefaßt, die Schultern, deren Verbreiterung wegen, etwas angehoben und den O-beinigen spielend, denn Cowboys haben alle O-Beine vom vielen Reiten, schritt ich nun endlich, ständig aus den Augenwinkeln ihr Haus beobachtend, über feindliches Territorium. Das war wirklich mega-mutig und ich bin deshalb heute noch sehr stolz auf mich. Nicht nur war ich bereit, mit allen Konsequenzen, meiner Angebeteten unter die Augen zu treten, auch begab ich mich in eminente Gefahr fürchterlich eins auf die Birne zu bekommen. Damals wurden auch die kleinsten Territoriumsverletzungen in Form von einigen Beulen bestraft, die in loser Reihenfolge, von mehreren Kindern zugleich, am Feindeskörper angebracht wurden. Das sind die Art von schmerzhaften Erlebnissen, denen man sich einfach nicht wiederholt und freiwillig ausliefern will.
Das war der erste, große Grundstein zu meinem schlicht überdimensionierten Selbstbewußtsein.
Gestärkt von diesen Erfahrungen machte ich mich fürderhin auf, die Damen meines Herzens auch anzusprechen. Welch' ...