1. Der Paragrafenhengst - Von trabenden Fragen


    Datum: 09.12.2017, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... stellt er die Tasse auf den Tisch und setzt sich an den Schrank, der neben dem Tisch steht. Es sieht komisch aus – ein Jurist im Anzug, der völlig zerknittert auf dem Fußboden sitzt. Er wirkt gebrochen.
    
    „Ich mag Sie. Ich mag Ihre Ehrlichkeit, Bodenständigkeit, dass Sie versuchen, sich in andere hineinzuversetzen. Dass Sie wenige Vorurteile haben. Sie sind lernfähig, fleißig. Aber ich weiß nicht, was Sie sind. Vielleicht haben Sie recht – vielleicht suche ich nur ein Ventil?“, stellt er fest.
    
    „Stimmt, wir haben genug attraktive junge Damen. Leider bin ich die einzige Brünette. Was gegen Ihre neue These spricht“, kontere ich ironisch. Es macht Spaß, ihn von oben anzusehen.
    
    „Äußerlichkeiten sind nicht alles“, wendet er ein.
    
    „Hören Sie auf, mir zu widersprechen!“, grinse ich und mein Blick wird wieder klar, „Im Ernst: Errege ich Sie?“
    
    Er sieht mich kurz an und antwortet dann, ohne nachzudenken: „Ich weiß es nicht. Ich genieße die Gespräche mit Ihnen, aber den Gedanken, dass wir uns näher kommen, habe ich verdrängt“
    
    „Ich auch“, gebe ich zu und greife nach der Teetasse. Irgendein Kräutertee mit Lakrizgeschmack. Kann man trinken. Muss man aber nicht. Ob sowas die Potenz steigert?
    
    „Was wollen wir dann hier?“, fragt er und sieht mich ratlos an.
    
    Ich stehe auf und setze mich auf seine Beine. Zwei Dumme auf dem Fußboden.
    
    „Wenn Sie jetzt 'Freundschaft' sagen, klingt das wie aus einem schlechten Liebesfilm. Ich gestehe Ihnen das Recht zur Entscheidung zu. Sie ...
    ... sind verheiratet. Was mit mir passiert ist egal. Ich bin ohnehin bald tot“, erkläre ich und sehe ihn fest an.
    
    „Der Moment ist da und ich habe ihn herbeigeführt. Ich muss die Konsequenzen tragen.“, erwidert er, „Ich möchte Sie außerhalb der Arbeit treffen und sehen, ob es auch ohne Arbeit funktioniert“
    
    „Das klingt gut!“, lächle ich, „Also verbringen wir mal einen Mittagspause zusammen? Wir 'gehen essen'?“
    
    „Das wäre ein Anfang“, sagt er, „Wir müssen uns vorsichtig herantasten“
    
    „Sonst können wir am Ende nicht mehr zusammen arbeiten“, ergänze ich.
    
    „Gut“, erklärt er fest.
    
    „Gut“, lächle ich.
    
    „Dennoch hätte ich Lust, eine Grenze anzutasten“, spreche ich. Der jugendliche Wahn geht mit mir durch, „Wollen wir uns umarmen?“
    
    Er sieht mich irritiert an und stimmt dann zu.
    
    Vorsichtig komme ich ihm näher, damit er mich jederzeit aufhalten kann, und falle schließlich auf seine Brust. Ein Schwall Moschus mit scharfer Frische empfängt mich. Dann die Wärme. Ich weiß nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber es fühlt sich gut an. Weich, aber auch fest. Eine mittelharte Matratze. Vorsichtig streiche ich über das Sakko. Zuviel Stoff. Ich taste mich zum Kragen und streife dabei seinen Nacken. Er zuckt. Dann ziehe ich die Jacke nach unten, bis er von allein drauf kommt. Als ich wieder eine bequeme Position auf ihm gefunden habe, legt er seine Hände auf mich. Routiniert. Wie man sich umarmt. Ein Beschützer, der die Königstocher behütet. Aber ich will nicht beschützt ...