1. Der Paragrafenhengst - Von trabenden Fragen


    Datum: 09.12.2017, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... werden. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Aber es ist wundervoll zu fühlen, wie die Zeit still steht. Wie nichts mehr wichtig ist, außer seinem Duft. Selbst die Frage, wie es ihm dabei geht, ist in den Hintergrund gerückt. Dann fühle ich seine Lippen auf meinem Haar, die Hände auf meinem Rücken bewegen sich richtungslos hin und her. Mir wird warm. Meine Vagina vermeldet die fortpflanzungsfähige Kombination aus Alter, Genen und Geruch. Ich will ihn. Ein bisschen. Ein ganz kleines bisschen.
    
    Ich hebe den Kopf und küsse seinen Hals. Unten beginnend setze ich meinen Weg nach oben fort, ohne zu wissen, wo es endet. Ich will ihn einfach fühlen. Fühlen und riechen. Egal, wo wir schließlich landen. Meine Küsse erregen ihn. Seinen Schwanz hat er unter Kontrolle, aber sein Atem geht schneller und ein leichter Schweißfilm bildet sich auf seiner Haut. Ich gleite auf ihm zu seinem Kinn und liebkose die Stoppeln. Wie ein Kieselsteinfeld laufe ich es saugend ab. Ihm gefällt das nicht. Denn als ich endlich zu seinen Lippen komme, empfängt mich sein erregter Atem. Und ich will ihn genauso. Seine Lippen sind füllig und etwas spröde, nach diesem Kuss aber vermutlich nicht mehr. Er schmeckt nach Lakritztee, aber auch nach Kaffee – sehr gut! Was seine Zunge macht, ist mir egal. Sie ist da und arbeitet gut. Sehr gut. Verlangend, aber auch locker genug, damit ich ein paar Vor-Schläge in seine Höhle machen kann. Ein sehr gnädiger Küsser, Demokratie mal anders. Es ist gut. Unglaublich gut ihn zu ...
    ... küssen. Ihn anzufassen. Angefasst werden. Nach so langer Zeit. Ich will mich von ihm lösen, um nachzudenken, zu wissen, ob es nur die Entladung einer Spannung oder echt ist, doch er zieht mich zurück. Schließlich kann ich nicht mehr. Ich gebe mich ihm hin. Die Faszination für sein Hemd, seinen Bart, Geschmack, Geruch, Persönlichkeit, Optik, alles hat wechselnd die Oberhand und lässt mich jegliches Zeitgefühl verlieren. Es piept.
    
    Ich will ihn nicht ficken. Nicht jetzt. Der Tag hat trotz allem nur 24 Stunden und 9 davon müssen wir arbeiten. Außerdem wollten wir es langsam angehen lassen. Und wir haben noch 20 Tage. Es piept wieder.
    
    Aber ein kleiner Kuss ist doch gestattet. Und noch einer. Und noch ein winzigkleiner. Und ein größerer. Man muss ja alles austesten. Es hört nicht auf zu piepen.
    
    Schließlich löst er sich und blickt zum Schreibtisch. Ich verstehe und robbe von ihm runter. Selbst wie er zum Tisch krabbelt ist irgendwie anregend. Ich schreib es auf die Liste.
    
    Am Handy erlebe ich wieder den souveränen Juristen. Keine Spur von der Aufregung der letzten Minuten. Er ist wieder der nette Vater, der seinem Sohn ruhig die Meinung geigt. Ich mag ihn!
    
    Damit ist unser Tête-a-Tête beendet. Netterweise warte ich noch, bis er fertig ist und wir uns verabschieden können.
    
    „Das war gut“, attestiert er und lacht mich an.
    
    „Das denke ich auch“, erwidere ich.
    
    „Werden Sie das Komma noch einfügen?“, fragt er mich und ich kann nicht raushören, wie er es meint.
    
    „Wir ...
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