1. Die verlorene Tochter Teil 02


    Datum: 27.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

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    Sie zogen sich schweigend an. Sie vermieden Blickkontakt. Eran war in seinen Gedanken vertieft. Rania schwankte noch immer zwischen der Erinnerung an das lustvolle Erlebnis mit dem jungen Prinzen und der Erkenntnis, dass sie die Thronfolgerin war, die als kleines Kind entführt wurde. Das Mondlicht erhellte ihre Gesichtszüge, als sie sich endlich in die Augen sahen. Zunächst sprach keiner ein Wort. Dann fragte Rania: „Bist du dir sicher ...? Das Zeichen auf unserer Haut. Es sieht nicht aus wie das Wappen der königlichen Familie."
    
    „Meine Mutter hat es vor vielen Jahren ändern lassen. Als wir klein waren, sah es genauso aus wie das Zeichen, das wir tragen."
    
    „Also sind wir tatsächlich Geschwister."
    
    Eran sah sie schweigend an.
    
    „Und ich bin die Prinzessin. Die, die als Baby entführt wurde."
    
    Rania kannte die Geschichte um das verloren gegangene Kind. Man erzählte sich, dass Feinde des Königreichs die Erstgeborene des Königs entführt hatten, um ihn zu schwächen und großes Leid über das Königshaus zu bringen. Erfolg versprechend war die Entführung nicht gewesen, denn obwohl das Reich für mehrere Jahre in große Trauer versetzt wurde, bestand es fort. Niemals hätte Rania angenommen, dass sie diejenige war, von der man in den Städten und Dörfern gesprochen hatte. Rania wusste, dass sie ihre Mutter zur Rede stellen musste. Konnte sie die Frau, die sie aufgezogen hatte, noch Mutter nennen? Sie wusste es nicht. „Wie geht es jetzt ...
    ... weiter?"
    
    „Ich weiß es nicht. Mich trifft das hier unvorbereitet ... Du bist meine Schwester. Ich kann das nicht glauben. Meine Schwester ist Anführerin einer Räuberbande."
    
    Rania erkannte den Witz der Situation und lächelte verlegen. Plötzlich knackte ein Ast hinter ihnen. Sie wendeten sich dem Geräusch zu und erkannten, dass jemand aus dem Gebüsch getreten war und sich ihnen näherte. Es war Towa. Rania hatte das Mitglied ihrer Räuberbande sogleich erkannt. Er war alleine und trat auf den See zu. Als er Rania und den Prinzen nebeneinanderstehen sah, stutzte er. Dann zog er sein Schwert und ging auf die beiden Gestalten zu. „Was ist hier los, Rania?"
    
    Was sollte sie darauf antworten? Sie hatte den Prinzen befreit. Dass würde sie ihren Leuten erklären müssen. Zum Glück war Towa erst erschienen, nachdem Eran und sie wieder angekleidet waren.
    
    „Warum ist der Prinz nicht festgebunden?"
    
    „Beherrsche dich! Es ist alles in Ordnung."
    
    Towa blieb mit dem gezückten Schwert vor ihnen stehen und richtete die Waffe bedrohlich auf Eran. Dieser rührte sich nicht und blickte dem anderen Mann in die Augen.
    
    „Ich verstehe nicht ..."
    
    „Geh zum Lager zurück und sieh zu, dass du ein williges Weib für den Rest der Nacht findest. Ich kümmere mich um den Gefangenen."
    
    Towa zögerte. Er war verunsichert. Bestand keine Gefahr für seine Anführerin? „Soll ich nicht lieber bei dir bleiben?"
    
    Ranias Blick sprach selbst im fahlen Mondlicht Bände. Towa nickte und senkte sein Schwert. Er entfernte sich ...
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