Erinnerungen 01
Datum: 18.03.2020,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
... nach sich ziehen, außerdem hatte diese Frau es nicht verdient, sein Selbstmitleid ertragen zu müssen, auch wenn sie eine Waldläuferin war. Aus einem Grund, den er sich nicht erklären konnte, blieb er jedoch einfach sitzen und sah sie weiter an.
Ihre Augen waren von einem feuchten Schimmer überzogen, wie ein kleines Kind, das gerade geweint hatte. Sie hatte jedoch nicht geweint, es war eine andere Form von Traurigkeit, die sie nach Möglichkeit versuchte zu verstecken, in ihrem Inneren einzuschließen, damit sie niemand verletzen konnte. Sie hatte in ihrem bisherigen Leben mit Sicherheit bereits eine Menge Dinge erlebt, von deren Existenz sie niemals hätte wissen wollen. Es schien, als bemühte sie sich nach Kräften, niemand anderes als sie selbst mehr sehen zu lassen, als die raue, kampferprobte Waldläuferin, die sie mimte, versagte dabei jedoch fast vollständig. Die Sprache ihrer Augen war zu deutlich, um dies alles vor ihm verstecken zu können.
Die Augen sagten mehr über sie aus, als man jemals hätte in Worte fassen können. In dem Schimmer verbargen sich unzählige Bilder, Gefühle und vor allem Schmerz. Es war die Art von Schmerz, die er nur allzu gut von sich selbst kannte. Einen Augenblick lang überlegte er, ob es nicht nur sein Spiegelbild war, was er in ihren Augen zu erkennen glaubte.
Doch dieser Gedanke wurde sofort wieder beiseitegeschoben, hinter der im spärlichen Licht der Taverne glänzenden Oberfläche befand sich ein ganzes Leben. Er sah Bilder, die von ...
... Tod und Leid erzählten und einer mit nichts zu füllenden Leere, die jede Möglichkeit auf Freude oder Glück schon im Ansatz zu ersticken drohte.
Mit einem Schlag bekam er eine Ahnung davon, warum sie sich allein zu ihm gesetzt hatte: Sie hatte niemanden mehr, jeder, dem sie einmal vertraut hatte war aus ihrem Leben verschwunden, auch wenn die Umstände dafür wahrscheinlich vielseitig waren. Sie hatte sich in ihm selbst wiedererkannt, eine einsame Seele, die ihre Existenz deutlich vor der Zeit bereute, nein, nicht bereute, sondern ernüchtert war. Es gab kein Ziel, kein Ideal, für welches es sich lohnte weiter zu machen und dennoch war der Zyklus des Tages wie ein Mantra, welches völlig ohne jede Empfindung immer und immer wieder wiederholt wurde.
*****
Ihr Blinzeln riss ihn aus seinen Gedanken, für die Dauer eines Augenblinzelns hatte sie ihn tiefer blicken lassen, als sie wahrscheinlich gewollte hatte. Mit dem Öffnen ihrer Augen war der glänzende Schimmer wieder verschwunden und die Augen dahinter waren wieder selbstbewusst, auch wenn sich der Eindruck der Leere, die sich dahinter verbarg nicht ganz abschütteln ließ. Es war aber mehr eine Ahnung, dass es sie gab, anstatt Gewissheit.
„Tut mir leid..." Ihre Stimme holte ihn endlich wieder mit all seinen Sinnen in die Wirklichkeit zurück. „Für was..." ,begann er, ließ den Satz jedoch unvollendet. Es schien unnötig fortzufahren, sie wusste auch so was gemeint war. Erst jetzt merkte er, dass ihre Aussage keine Erwiderung ...