1. Erinnerungen 01


    Datum: 18.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    Prolog
    
    Schreie erfüllten die Luft, Schreie der Verzweiflung. Sie lief geduckt durch das Unterholz, die Sinne bis ans Äußerste gespannt, das einzige Ziel war zu entkommen. Gerade noch rechtzeitig duckte sie sich unter einem Pfeil hinweg, wenig später hörte sie den schmerzerfüllten Schrei von jemandem, der die letzten Atemzüge seines Lebens spürt.
    
    „Lauf!", hatte man sie angeschrien. Doch sie war nicht gelaufen. Sie war geblieben, nur um keine drei Herzschläge später mit dem Blut der Heilerin bedeckt zu sein, als sie reflexartig ihren fallenden Körper auffangen wollte. Die Welt erschien ihr wie durch einen roten Schleier, wie von Sinnen hatte sie mehrere Pfeile auf einmal in die Richtung geschossen, aus der der tödliche Pfeil gekommen war.
    
    Sie hatte sich zu ihr gekniet, hatte ihren leblosen Körper ein Stück hochgehoben, sie angefleht, sie dürfe nicht sterben. Der Heilerin lief Blut aus dem Mund, als ein kurzes Röcheln zu hören war, dann hatte sie mit ansehen müssen, wie das Leben aus ihr verschwand.
    
    Ihre Augen waren leer geworden, den glasigen Blick des Todes würde sie für immer in Erinnerung behalten. Sie hatte die Augen der Heilerin Augen geschlossen, es erschien ihr richtig, es war das Letzte, was sie ihr geben konnte. Ihre Arme wurden kraftlos, sodass sie nicht länger imstande war, den leblosen Körper zu halten, und ihn auf den kalten Boden rutschten ließ.
    
    Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an die letzten Worte, eigentlich war es nur ein einziges gewesen. ...
    ... Ohne weiter zu überlegen war sie losgerannt, immer weiter fort, begleitet vom Geräusch des Todes. Auf ihrem Weg hatte sie Rigrana, ihre Stammesführerin, gesehen, sie war die einzige, die noch lebte, der Rest von ihrem Stamm war bereits gefallen. Nie zuvor jedoch, war jemand in ihren Armen gestorben.
    
    Dies war nicht ihr Krieg, warum führten sie ihn? Es war ihr Land gewesen, über Jahrzehnte hinweg war es ein ungeschriebenes Abkommen gewesen. Nun wurde ihr Land vernichtet und die Waldläuferinnen schienen wie vergessen. Für beide Parteien waren sie Feinde, obwohl sie nie etwas getan hatten. Als sie anfingen, ihr Land zu verteidigen, war dieser Anlass genug, ihren Stamm auszulöschen.
    
    Sie war zu der Stammesführerin gelaufen, auf dem Weg dorthin tauchte auf einmal ein Soldat neben ihr auf. Sie selbst hatte sich vor seinem wuchtigen Schlag geduckt und ihn mit einem Pfeil, den sie in der Hand hielt erstochen, Rigrana jedoch konnte sich gegen zwei weitere nicht mehr wehren. Ihre Sicht war vor Wut verschwommen, das nächste Bild, was sie in Erinnerung behalten hatte war eine nicht mehr zu identifizierende Leiche.
    
    In einem Rausch war sie auf die beiden Mörder zugestürmt, bereit nun auch ihren eigenen Tod zu empfangen. Wie sie es geschaffte hatte, sie beide zu töten wusste sie nicht mehr, nun lief sie hier durch den Wald, sie war die letzte Verbliebene.
    
    Als Allererstes war da das scheinbar alles überschattende Gefühl der Wut und der unbändige Wunsch nach Rache. Sie würden jeden ...
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