1. Verstoßen


    Datum: 13.01.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... bitte, verzeih mir! Du weißt nicht, was sie mit mir gemacht haben!", er stand den Tränen nahe, ob vor Scham oder vor Schmerz. Seine Worte waren nur schwer verständlich, hatte man ihm doch alle Zähne ausgeschlagen und das dicke, schleimige Blut tropfte in langen Fäden von seinem blutrot gefärbten Bart in den weißen Schnee hinab.
    
    Lledrith empfand keinen Zorn auf den Jäger, dem sie soviel zu verdanken hatte. Sie hatte sogar Verständnis für ihn. Warum sollte er sich selbst opfern, um sie zu schützen? So närrisch konnte nicht einmal ein Oberflächenbewohner sein. "<Was hast du nun mit mir vor?>", fragte sie den Halbork. "<Nun, das hängt ganz davon ab, wie gefügig du bist, Drow.>"
    
    Männer funktionierten überall gleich, ob an der Oberfläche oder im Unterreich. Sie waren die ewigen Sklaven ihrer Lenden ohne es auch nur zu bemerken. Sie lächelte den Orkbastard an, ein kühles und berechnendes Lächeln und sagte dann: "<Unter einer Bedinung.>" - "Haha! Du bist nicht in der Position, um Bedinungen zu stellen, Weib. Aber gut, spuck's aus.>" Sie sah in das flehende Gesicht ihres Retters und sagte mit einem Nicken in seine Richtung: "<Ich will über sein Schicksal entscheiden.>"
    
    Belustigt sah der Halbork sie an und gerade, als sie dachte, er würde ihr diesen Wunsch, so haltlos er war, abschlagen, da grunzte er: "<Na gut! Es sei dir gewährt. Wenn du heute Nacht mein Lager teilst, ohne Mäzchen und viel Geschrei. Ich will wissen, ob ihr Drowweiber wirklich sogut seid, wie man ...
    ... sagt.>"
    
    "<Sogar besser.>", entgegnete sie lächelnd und entblößte ihre strahlendweißen Zähne. Dann wendete sie sich Jagul zu, dem mächtigen Jäger, der frierend und geschlagen vor ihr im Schnee kniete, seines Stolzes und seiner Macht beraubt wie wenige Wochen zuvor die Drow, als sie Ungeziefer gleich aus der Erdspalte an die Oberfläche kroch.
    
    Sanft legte sie ihre Hand auf seine Schulter und half ihm auf. Seine warmen Augen blickten in die ihren, es war die Hoffnung, die in ihnen aufblitzte, die Hoffnung, das alles gut werden würde und das die Drow ihm verzeihen würde. Lange sah sie ihm in die Augen, ihr Blick sagte mehr als tausend Worte. Sie würde über sein Schicksal entscheiden dürfen, so war der Handel mit den Orks. Ihre Hand strich über seine bärtige, blutverschmierte Wange und sie fragte sich, warum er wohl hier draußen lebte, so fernab seiner Leute.
    
    Niemals hatte sie ihn danach gefragt, standen ihnen nicht nur sprachliche Barrieren im Weg, so mangelte es schlicht an der Zeit. Dieser Mann hatte ihr Leben gerettet, sie aus dem Schnee gezogen, ihr ein Dach über dem Kopf und Nahrung geboten. Selbstlos, ohne etwas zu verlangen. Wie konnte sie anders, als ihm diesen unter bestialischer Folter erpressten Verrat nicht zu verzeihen?
    
    Sie verzieh ihm, als ihr verborgenes Messer in seinen Bauch eindrang und ihn quer aufschlitzte.
    
    Für einen qualvoll langen Moment brachte Jagul nichts weiter heraus als seine vor Entsetzen geweiteten Augen, dann überwiegte der Schmerz seinen Schock ...