1. Rapunzel 01


    Datum: 19.10.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... hatte.
    
    „Tag", gab er kurz angebunden zurück und wartete, bis diese Nervensäge in Richtung Fleischtheke verschwunden war. Dann griff er Tanita fest am Oberarm und zog sie mit sich zur Kasse.
    
    „Wir sprechen uns zu Hause!", zischte er ihr ins Ohr und spürte, wie sie sich neben ihm kleiner machte.
    
    Er bezahlte das Mehl und die Schokolade, obwohl er nicht mehr wirklich in der Stimmung war, Tanita etwas zu schenken, anschließend verließ er mit dem Mädchen ohne einen Gruß an die Kassiererin den Laden. Sie schwiegen, bis sie in der Wohnung waren, dann legte Mick los.
    
    „Was hast du dir dabei gedacht?", schnauzte er sie an. „Hab ich dir gesagt, dass du abhauen sollst? Was? Mach den Mund auf, verdammt!"
    
    Sie setzte ein paar Mal an, etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus. In ihren dunklen Augen schimmerte es, als würde sie jeden Augenblick losflennen.
    
    „Stell dich nicht an", knurrte er, immer noch aggressiv, aber nicht mehr so laut. „Hast du etwa Angst vor mir? Denkst du, ich schlag dich oder was?"
    
    Tanita antwortete nicht, sondern hängte ihre Jacke auf um seinem Blick auszuweichen.
    
    „Das wird ja immer besser! Guck mich gefälligst an, du Feigling!"
    
    Endlich drehte sie sich wieder zu ihm um, er fasste sie am Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen.
    
    „Bist du plötzlich stumm geworden?", fragte er gefährlich ruhig.
    
    „Ich... wollte... ich wollte doch nur ein bisschen Mehl haben", sagte sie mit zitternder Stimme. „Mehr war doch nicht. Sind doch nur... nur ...
    ... fünf Minuten von hier. Was soll denn da passieren?"
    
    Sie musste sich sehr zusammenreißen um nicht zu weinen, aber er wollte noch nicht einlenken.
    
    „Dämliche Frage! Was denkst du denn, was einem Mädchen wie dir so passiert, hä? Und dann", er ließ ihr Kinn los und griff ihr in die vollen, schwarzbraunen Locken, die ihr bis zum Po reichten, „dann rennst du auch noch so auf der Straße rum!"
    
    „Ich hab nicht dran gedacht, mir 'nen Zopf zu flechten", rechtfertigte sie sich verzweifelt. „Aber mich hat niemand beachtet, verdammt! Warum auch?"
    
    Mick warf ihr einen scharfen Blick zu. „Denkst du", sagte er bloß. Er wandte sich von ihr ab, kickte seine Schuhe von den Füßen und warf seine Lederjacke über einen Garderobenhaken.
    
    „Und was wolltest du jetzt überhaupt mit dem Mehl?", fragte er ruppig.
    
    Ein Seufzen. „Pfannkuchen backen." Tanitas Stimme klang wieder etwas fester, als sie hinzufügte: „Ich wollt dir eigentlich eine Freude machen."
    
    Er schnaubte fast belustigt. „Ist dir ja gut gelungen."
    
    „Erst hab ich überlegt, ob ich dich anrufen soll. Aber dann dachte ich mir, dass das eigentlich Schwachsinn ist, wo ich doch in fünf Minuten..."
    
    Mick fuhr zu ihr herum und packte sie an den Schultern. „Es ist
    
    scheiß
    
    egal, ob irgendetwas eine Stunde, fünf Minuten oder dreißig Sekunden weit weg ist! Du fragst mich gefälligst, wenn du irgendwohin willst und machst so einen Scheiß nicht noch mal!
    
    Haben wir uns verstanden?"
    
    „Ja..."
    
    „Na schön", brummte er und gab ihr ...
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