1. Rapunzel 01


    Datum: 19.10.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... sehen.
    
    Dann plötzlich stand eine hübsche Frau mit dunklem Teint und pechschwarzen, zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren vor ihnen. Sie mochte in etwa Micks Alter haben, ihr Namensschild wies sie als Dr. Soltani aus.
    
    „Es tut mir Leid, dass Sie so lange warten mussten", sagte sie mit einem freundlichen, ehrlichen Lächeln. „Der Schutzengel von Herrn Steffen scheint wirklich sehr tüchtig zu sein. Er hat zwar eine schwere Gehirnerschütterung, aber ansonsten keine weiteren Verletzungen davongetragen. Wir werden ihn zur Beobachtung jedoch ein paar Tage hier behalten müssen."
    
    Kurt Baumgarten stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Mick schlug die Augen auf. „Und Tanita?", fragte er.
    
    „Mach dir um mich keine Sorgen", beruhigte diese ihn schnell. „Ich komm zurecht und werd gut auf mich aufpassen. Vertrau mir."
    
    „Ihre Freundin hat ganz Recht", bekräftigte Dr. Soltani. „Sie brauchen sich erst mal nur darum zu kümmern, dass Sie wieder gesund werden, alles andere ist vorläufig unwichtig."
    
    Mick schien das etwas anders zu sehen, aber als er etwas darauf entgegnen wollte, wurde ihm schlecht. Zum Glück hatte man ihm in weiser Voraussicht eine entsprechende Schale gegeben.
    
     „Das ist völlig normal", erklärte die nette Ärztin ruhig. „Im Grunde genommen hat er sogar bisher verhältnismäßig wenig spucken müssen."
    
    Tanita nickte und streichelte ihm tröstend die Schulter. Sie verspürte keinen Ekel, er tat ihr nur furchtbar leid. Außerdem hatte er mit ihr teilweise viel mehr ...
    ... aushalten müssen, wenn sie als Kind krank war.
    
    Die überaus gesprächige Schwester von vorhin kam zurück und Dr. Soltani machte Anstalten, sich zu verabschieden.
    
    „Sie werden jetzt auf Ihr Zimmer gebracht, Herr Steffen", sagte sie. „Sie müssen sich leider auf eine unruhige Nacht einstellen, aber bei einer solchen Verletzung behalten wir Sie sicherheitshalber scharf im Auge, damit wir sofort handeln können, falls es Ihnen schlechter gehen sollte. Wovon ich im Übrigen nicht ausgehe", setzte sie beruhigend hinzu.
    
    „Kann ich... können wir ihn begleiten?", wollte Tanita wissen.
    
    „Natürlich. Aber bitte bleiben Sie nicht mehr zu lange. Morgen können Sie zur Besuchszeit gerne wiederkommen."
    
    Kurt Baumgarten und Tanita flankierten Micks Bett, als die Schwester mit einem wahren Stechschritt damit die Flure entlang schob. Die Frau schien eigentlich noch nicht besonders alt zu sein, aber wechselnde Schichten und viel zu lange Arbeitszeiten hatten sowohl in ihrem Gesicht als auch offenbar in ihrem Gemüt ihre Spuren hinterlassen. Tanita hoffte, dass die junge Ärztin, die sie gerade kennengelernt hatten, es trotz allem irgendwie schaffen würde, sich ihre herzliche, optimistische Art zu bewahren.
    
    Als sie endlich in dem kleinen Einzelzimmer angekommen waren (das in Tanita irgendwie die Assoziation mit einer Abstellkammer weckte) und die Schwester sich fürs Erste zurückzog, stupste Baumgarten Mick leicht in die Seite.
    
    „Ist ja auch nett, was du hier für Komplimente bekommst, alter ...