1. Lea


    Datum: 05.09.2018, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... arbeiten. Er hatte ja selbst zum Wirt gesagt, dass sie nicht mehr lange leben würde.
    
    Sie wünschte sich, dass sie ihn fragen könnte, was mit ihr geschehen würde, doch es war Sklaven streng verboten, ungefragt den Mund aufzumachen. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, sich festzuhalten, doch sie spürte, wie sie schnell immer schwächer wurde. Sie hatte zwar zum Frühstück einen Kanten Brot bekommen, doch der war nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Die Wunden zwischen ihren Beinen waren durch das Reiten wieder aufgegangen und sie fühlte, wie sich Blut auf ihrem Kleid ausbreitete. Trotz der Sonne, die mittlerweile fast senkrecht am Himmel stand, war ihr kalt bis in die Knochen. Doch sie verzog kein Gesicht und versuchte, gegen das Zittern anzukämpfen, das sie zu überwältigen drohte. Sie hatte vor langer Zeit gelernt, was die Konsequenzen waren, wenn man Schwäche zeigte. Mitleid konnte kein Sklave von seinem Besitzer erwarten und jedes Jammern wurde hart bestraft.
    
    Gegen Mittag legte Kirdan eine Pause ein. Die Sklavin vor ihm wurde zunehmend unkonzentrierter und wäre ein paarmal fast vom Pferd gerutscht. Er würde wohl schneller vorankommen, wenn er sie etwas ausruhen und essen ließ. Er wollte vor Einbruch der Dämmerung im nächsten größeren Ort sein, um nicht mit ihr im Freien übernachten zu müssen.
    
    Etwas abseits des Pfades stieg Kirdan ab und half dann der Gezeichneten vom Pferd. Ihre Beine gaben unter ihr nach, deswegen ließ er sie dort, wo sie war, auf dem ...
    ... Boden sitzen. Nachdem er das Pferd angebunden und versorgt hatte, bereitete er eine einfache Mahlzeit zu, indem er etwas kalten Braten zwischen dicke Brotscheiben legte. Eine Portion reichte er der Frau, die noch immer an der gleichen Stelle kauerte. Dann lehnte er sich ein Stück entfernt an einen Baumstamm und begann zu essen.
    
    „Danke, mein Herr", brachte Lea hervor, während sie ungläubig das große Stück Fleisch in ihren Händen betrachtete. Sie machte aber keine Anstalten zu essen, denn Sklaven durften erst etwas essen, wenn alle anderen ihr Mahl schon beendet hatten.
    
     Kirdan hatte keine Erfahrung im Umgang mit Gezeichneten. In der Gilde arbeiteten zwar auch einige von ihnen, aber sie wurden darauf trainiert, jeden Kontakt mit den Heilern zu vermeiden und im Verborgenen zu bleiben. Als er seine Portion schon halb aufgegessen hatte, blickte er zu dem Sklavenmädchen hinüber. Genervt bemerkte er, dass sie immer noch nichts gegessen hatte. „Na los, iss auf, wir haben nicht ewig Zeit!", fuhr er sie an.
    
    Diesen Befehl lies Lea sich nicht zweimal sagen. Obwohl sie aufgrund des Fiebers kaum Appetit hatte, schlang sie das Brot und das Fleisch mit großen Bissen herunter. So viel zu essen, und dann auch noch richtiges Fleisch, hatte sie seit Ewigkeiten nicht bekommen. Doch als sie fertig war, bemerkte sie, dass es keine gute Idee gewesen war, so viel so schnell zu essen.
    
    Kirdan, der in der Zwischenzeit das Pferd wieder zum Aufbruch bereit machte, hörte hinter sich ein Würgen. ...
«12...6789»