1. Lea


    Datum: 05.09.2018, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... dagegen, die Frau hier sterben zu lassen, auch wenn sie zu einer minderwertigen Rasse gehörte. Es gab ohnehin zu wenig Heiler in der Gilde, und die Gezeichnete hatte eindeutig Potential. In den frühen Morgenstunden traf er schließlich die Entscheidung, sie zur Gilde zu bringen. Der Kreis der Alten sollte über ihr Schicksal entscheiden, auch wenn er bezweifelte, dass dieser ihrer Ausbildung zustimmen würde. Zu gravierend waren die möglichen Konsequenzen, wenn die Bevölkerung, oder auch andere Gezeichnete sahen, dass eine Sklavin zu Magie fähig war.
    
    Da er ohnehin nicht mehr schlafen konnte, stand er beim Anbruch der Morgendämmerung auf, packte seine Sachen zusammen und ging hinunter in den Gastraum. Er pochte an der Tür zum Zimmer des Wirts, bis dieser schlaftrunken und verärgert herauskam. Als er Kirdan erblickte, wurde er aber sofort unterwürfig, erkundigte sich nach seinem Schlaf und seinen Wünschen. „Ich brauche Reiseproviant, pack mir etwas zusammen. Außerdem werde ich dir eine deiner Gezeichneten abkaufen. Die Schwarzhaarige, die mich gestern am Tisch bedient hat. Sie soll in einer halben Stunde bereit zum Aufbruch sein. Und seht zu, dass sie etwas isst, ich will nicht, dass sie vom Pferd fällt."
    
    Der Wirt war zwar verwirrt, wozu der Fremde eine halbverhungerte Sklavin kaufen wollte, doch er witterte ein Geschäft und stellte deswegen keine unnötigen Fragen. Kurze Zeit später hielt Kirdan mehrere randvolle Proviantbeutel in der Hand und die Gezeichnete trat mit ...
    ... gesenktem Kopf in den Gastraum. Kirdan musterte sie kurz, aber eingehend. Offenbar hatte der Wirt ihr befohlen, sich zu waschen, um einen besseren Preis zu erzielen, aber das konnte nicht über ihren Gesundheitszustand hinwegtäuschen. Sie war blass, mit eingefallenen Wangen, verfilzten Haaren und fiebrig glänzenden Augen. Ihr Körper, an dem das kittelähnliche Kleid wie ein Sack herunterhing, schwankte leicht, als hätte sie Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    
    „Die macht's ohnehin nicht mehr lange. Ich gebe die noch zwei Silber für sie," sagte Kirdan zum Wirt. Das Angebot war großzügig, wenn man ihren Zustand bedachte, deshalb willigte der Wirt sofort ein.
    
    Sein Pferd stand schon draußen für Kirdan bereit. Er befestigte die Provianttaschen am Sattel und rief dann seine Sklavin zu sich. Ohne Mühe hob er sie auf das Pferd, wo er sie seitlich vor den Sattel setzte. „Halt dich fest", warnte er, bevor er sich selbst in den Sattel schwang. Als er das Pferd antrieb, klammerte sie sich mit aller Kraft mit einer Hand in die Mähne und mit der anderen ans Sattelhorn.
    
    Als das Pferd in einen leichten Trab fiel, hätte Lea fast aufgeschrien. Sie war noch nie geritten und hatte panische Angst, herunterzufallen. Außerdem war sie völlig verwirrt vom Verhalten des Mannes. Warum hatte er sie gekauft, obwohl er offensichtlich wohlhabend war und sich kräftigere Sklaven hätte leisten können? Sie fürchtete sich davor, was er von ihr verlangen würde, da sie in ihrem Zustand kaum in der Lage war, zu ...
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