HomoLepus 02
Datum: 02.08.2018,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Kapitel 6
Wieder einmal ging die Woche nicht schnell genug vorbei und ich sehnte mich nach dem Tag, der da kommen sollte. Mein Studium wurde etwas vernachlässigt. Nicht dass ich nicht genug Zeit gehabt hätte. Durch die großzügigen Zahlungen hatte sich mein finanzieller Status deutlich verbessert, aber dafür konnte ich nur wenige Gedanken knüpfen, ohne an die Osterhasensache zu denken. Mir gelangen keine klaren Formulierungen mehr, denn immer wieder zogen Bilder vor meinen Augen entlang, die ich noch gar nicht erlebt hatte. Reine Fiktionen, nichts wirklich Greifbares und so blieb nichts bei mir hängen, was meinem Studium zugänglich gewesen wäre.
Selbst die Arbeit im Geschäft fiel mir schwer, obwohl ich jetzt dort sehr gut verdiente. Ich glaube nicht, dass einer der Angestellten, der z. B. an der Kasse saß, eine solch hohe Vergütung bekam wie ich. Eigentlich seltsam, aber ich fragte nicht danach. Sollte es ein Fehler sein, dann musste ich die Verantwortlichen nicht darauf stoßen.
Dann war es endlich soweit. Der Samstag war da und ich hatte ausnahmsweise frei. Ich brauchte den Chef nur fragen und schon brauchte ich nicht mehr antanzen. Das ging leichter als ich gedacht hatte und freute mich daher umso mehr, denn ich würde am Abend ausgeschlafen und ausgeruht sein, brauchte also nicht zu befürchten zu verschlafen. Studenten haben nämlich einen ausgeprägten Sinn für alles, was mit schlafen zu tun hat, selbst mittags und am schlimmsten, wenn es langsam dunkel wurde. Nur ...
... wenn Party anstand, war es etwas anders. Dann konnte es schon einmal passieren, dass eine oder mehrere Lesungen ausfielen.
Pünktlich zur genannten Zeit stand ich schon vor der Tür und musste mir ein paar dumme Sprüche anhören, denn es sah ja auch nicht normal aus, wenn ich dort im Kostüm vor dem Eingang stand.
Nicht nur ich war pünktlich. Um genau die Zeit, die angegeben worden war, fuhr eine große Limousine vor und ließ mich einsteigen. Allerdings war das nicht ganz so einfach, denn der Hasenkopf und besonders die Ohren passten trotz der relativ hohen Decke nicht hinein. So musste ich die ganze Zeit meinen Kopf gesenkt halten und bekam dadurch nicht mit, wohin es eigentlich ging.
Die Fahrt dauerte fast eine halbe Stunde und an dessen Ziel musste ich, nachdem ich ausgestiegen war, erst einmal meinen Hals und Nacken geradebiegen. Erste dann erkannte ich, wo ich war, oder besser gesagt staunte ich nicht schlecht, als ich mich umdrehte und durch den schmalen Schlitz ein Haus sah, was dem Ausdruck nicht gerecht wurde. Es war eine Villa oder vielleicht sogar ein kleines Schloss und das Auto, was mich gebracht hatte, stand in einem mit losem Schotter bedeckten Rondell. Doch dann hörte ich hinter mir die Tür des Autos zugehen und es wieder anfahren. Schnell drehte ich mich um, sah aber nur noch die roten Schlusslichter, die sich von mir entfernten.
Jetzt stand ich alleine vor dem Gebäude und überblickte erst einmal die Zufahrt und das weitere Terrain. Nicht ein anders Haus ...