1. Das Leben ist ein ewiger Kreis


    Datum: 11.06.2018, Kategorien: Reif

    ... vermutet, dass der Krebs trotz Chemo ausgestrahlt hatte. Wenig später kam der Anwalt von Erich. Ich kannte ihn noch aus Zeiten der Firma und Erich hatte ihn auch in seinem Ruhestand viele seiner rechtlichen Aufgaben anvertraut. Erich erklärte ihn, dass er eine neue Patientenverfügung wollte, in der ich zusammen mit dem Rechtsanwalt alleinige Betreuer und Vertrauenspersonen agieren sollten. Und Erich bat darum eine neues Testament aufzusetzen. Die beiden Männer besprachen dann Details und ich verließ den Raum.
    
    Es war traurig die folgenden Tage. Zwei Tage später wollte man Erich noch einmal operieren, aber es war schon zu spät. Erich war dann noch fünf Wochen auf der Palliativstation, er stand zuletzt unter schweren Schmerzmitteln. Er hatte Gelegenheit sich auf den Tod vorzubereiten, genau so auch wir, seine Freunde. Es war ein sonniger Oktobertag als er im Alter von gerade mal 65 Jahren verstarb.
    
    Was dann kam ist schnell erzählt. Es gab eine große Trauerfeier. Kollegen waren da, Konkurrenten und ehemalige Angestellte. Es wurden die üblichen Lobreden geschwungen. Die ehrlichste hatte vielleicht Sigrid, meine ehemalige Kollegin im kleine Kreis gesagt: „Er war ein perverses Schwein, aber sehr großzügig.”
    
    Die Asche von Erich wurde auf einer Blumenwiese beigesetzt. Nach den Erfahrungen mit der Verwandtschaft wollte er, dass da niemand mit dabei war, nicht einmal ich und seine Kinder.
    
    Wochen später wurde seine Testament eröffnet. Wie zu erwarten war, bekamen seine ...
    ... Kinder, die beiden Jungs und das noch ungeborene den Löwenanteil vermacht. Es war mehr als genug für eine gute Ausbildung und eine entsprechenden Start ins Berufsleben. Dazu kamen dann einige Vermächtnisse an ehemalige Mitarbeiter und karitative Organisationen. Selbst seine Verwandten, die Kinder seines Cousins wurden mit einer ansehnlichen Summe bedacht. Mir vermachte er sein Haus.
    
    Komisch in den all den Jahren, die wir zusammen waren, hatte ich nie sein Haus betreten. Und jetzt, als ich zum ersten Mal dort eintrat, kam ich in ein fremdes Haus. Nichts erinnerte mich an Erich. Sicher mancher Brief oder Bild trug seinen Namen, aber nichts was ich wirklich wiedererkannte. Ich kam durch Zimmer voller wertvoller Stilmöbel, die sicher nicht von ihm angeschafft worden waren. Das Haus trug, so wie ich das sah noch stark die Handschrift seiner Frau. Ich konnte nicht einmal sagen, in welchem Zimmer er sich am Wohlsten gefühlt haben könnte.
    
    Ich zog alle Schubladen auf, öffnete alle Schränke, und dann sammelte ich alles zusammen, was meine Kinder vielleicht einmal an ihren Vater erinnern könnte. Fotoalben, persönliche Gegenstände, Briefe. Es kamen einige Kartons zusammen, die ich zu mir nach Hause fahren ließ.
    
    Dann durften Erichs Chauffeure und seine Zugehfrau sich etwas von all den Sachen heraussuchen. Den Chauffeure schenkte ich den letzte Audi von Erich und er nahm sich noch die Werkzeuge aus der Garage. Die Zugehfrau erbat sich ein Schmuckstück von Erichs verstorbene Frau. Ich ...
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