Das Generationenhaus
Datum: 02.09.2017,
Kategorien:
Sonstige,
... Geschehen noch nicht eingegriffen, sondern stand sozusagen in Lauerstellung immer noch in der zweiten Reihe. Dann sah ich nur, wie die Frau ihre Arme kraftlos nach unten fallen ließ. Sie hielt für einen Moment starr inne, streckte plötzlich ihre Arme vor, teilte den Ring der um sie versammelten Personen und trat überraschend vor mich hin. Starr blickte sie mir ins Gesicht und fragte nur kurz und bestimmend: "Haben Sie Interesse an der Wohnung?" Als ich nickte und laut "Ja" sprach, wendete sie sich den anderen zu und sagte in einem schnippischen Unterton: "Tut mir leid, ich habe die Wohnung gerade vergeben. Verlassen Sie jetzt bitte das Grundstück." Ich wollte mich der Menge schon anschließen. Sie aber hielt mich am Jackenärmel fest und bedeutete mir, ihr ins Haus zu folgen. Das war kaum zu fassen: Mir war eine Wohnung zugeschlagen worden, die ich ebenso wenig kannte wie die Vermieterin eine Ahnung von mir hatte.
Als ich das der Frau sagte, lachte sie laut und fügte hinzu: "Wissen Sie, ich muss nicht vermieten. Sie haben mir einfach gefallen. Das alles habe ich mir nicht so kompliziert vorgestellt. Der Rest wird sich finden." Offenbar hatte ich wirklich das große Los gezogen. Der Raum war fast 30 Quadratmeter groß mit Blick auf einen wundervoll angelegten Garten. Hierum müsse ich mich nicht kümmern, sagte die Vermieterin. Dafür sei der Gärtner zuständig. Sie habe nach dem frühen Tod ihres Mannes so viel Platz im Haus. Da wolle sie jungen Menschen eine Chance auf eine ...
... gute Unterkunft geben. Das Haus sei so groß, dass ich sogar in einem eigenen kleinen Flügel über ein eigenes Bad verfügen könne. Auch ums Putzen müsse ich mich nicht kümmern. Dafür sei eine Reinigungskraft eingestellt. Sie würde auch bei mir aufräumen, wenn ich das wünsche. Der erste Eindruck war in der Tat phänomenal. Meine Studentenbude befand sich künftig in einer kleinen Villa. Ich müsste mich um nichts kümmern. Sogar die Wäsche würde mir kostenlos gewaschen, sprach die Hausherrin. Und wenn ich Hunger hätte, dürfte ich mir in der Küche etwas nehmen. Das war in der Tat wie zu Hause - nur wesentlich komfortabler.
Zwei Tage später bin ich dann eingezogen. Frau von Kauffmann - die Vermieterin - hatte wirklich nicht zuviel versprochen. Der Gärtner musste mir beim Tragen meiner wenigen Habseligkeiten helfen. Nachdem ich mich in dem eleganten Bad mit Dusche und sogar mit Bidet frisch gemacht hatte, stand für mich sogar ein kleiner Imbiss bereit. Dabei verstand es Frau von Kauffmann, mir nicht das Gefühl zu geben, vereinnahmt zu werden. Sie zog sich regelmäßig mit einer freundlichen Bemerkung zurück, sobald ihr alles ausreichend gerichtet erschien. Am nächsten Morgen, es war der letzte Tag vor Semesterbeginn, führte mich mein Weg in den nächsten Blumenladen. Dieses besondere Zuvorkommen meiner Vermieterin wollte ich mit einem kleinen Strauß sommerlicher Blumen anerkennen. Frau von Kauffmann war entzückt. Die Freude war ihren klaren braunen Augen und den kräftigen Lachfalten im ...