1. Rapunzel 02


    Datum: 21.02.2018, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... nicht so günstig", erwiderte sie, „aber heute Nachmittag könnt ich für 'ne Weile."
    
    Er strahlte und drückte sie kurz. „Super!"
    
    Es war auf den Tag genau zwei Wochen her, dass er sie das erste Mal angesprochen hatte. Zwei Wochen nach Micks Unfall. Wenn Tanita da jemand gesagt hätte, wie unbefangen sie innerhalb dieser kurzen Zeit werden würde und wie schnell sie sich einen Tag ohne Magnus nicht mehr würde vorstellen können -- sie hätte überhaupt nicht verstanden, wovon derjenige sprach.
    
    Sie traten aus dem Bioturm hinaus in die Kälte. Der Eingang war überdacht, die Hauswände links und rechts davon vorgezogen. Man musste noch um eine Ecke biegen um zur Treppe zu kommen. Aus Gewohnheit schweifte Tanitas Blick an dieser Stelle zum Parkplatz.
    
    Keine Sekunde später hatte sie nach Luft schnappend einen Satz zurück gemacht und presste sich mit dem Rücken an die sichere Hauswand. Magnus warf ihr einen irritierten Blick zu.
    
    „Was ist denn los?"
    
    Sie stöhnte nur und er schaute vorsichtig um die Ecke. Sein Gesicht wurde ernst.
    
    „Aha", sagte er, „verstehe. Jetzt sagst du mir gleich, dass du heute Nachmittag doch nicht kannst."
    
    Tanita wich seinem Blick aus, biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Sie hatte schon fast vergessen, wie es sich anfühlte, klein und machtlos zu sein.
    
    „Tut mir Leid", sagte sie leise.
    
    „Nein", schüttelte er den Kopf, „mir tut es Leid. Ich weiß, das klingt völlig abgedroschen, aber es ist wirklich so. Es tut mir weh, dich so zu sehen. Was ...
    ... ist los mit dir?"
    
    Sie zuckte mit den Schultern. „Nichts."
    
    „Tana." Das war sein Spitzname für sie, irgendwann hatte er sie mal im Spaß so genannt. „Du hast Angst.
    
    Warum?
    
    Tut er dir was?"
    
    Jetzt schaute sie ihm wieder ins Gesicht. „Nein!", widersprach sie empört.
    
    „Aber... warum versteckst du dich dann jetzt vor ihm? Warum lässt du es zu, dass er so über dich bestimmt?"
    
    Darauf hatte sie nur gewartet, die ganze Zeit, die sie sich kannten, hatte sie mit so etwas gerechnet. Er verstand sie nicht. Wie auch?
    
    „Tana, bitte. Du erzählst nie etwas über dich oder deinen sogenannten Freund. Ich möchte dir helfen, aber wie soll ich das können, wenn ich nichts über dich weiß?"
    
    Jetzt ging er zu weit. Woher nahm er das Recht, zu behaupten, sie brauche Hilfe? Sie hatte ihn zu nah an sich herangelassen, das war es. Man konnte mit so einem dummen Jungen einfach keine Freundschaft schließen, ohne dass er sich irgendwann herausnahm, über einen urteilen zu können.
    
    Energisch stieß sie sich von der Wand ab. „Schieb dir deine Hilfe in den Arsch!", fuhr sie ihn an, ließ ihn einfach stehen und sprang die Stufen hinunter. Er brüllte noch irgendetwas wie „Hey!" hinter ihr her, aber sie reagierte nicht mehr. Mit gesenktem Kopf stapfte sie auf Micks Auto zu und stieg ein.
    
    „Das ist 'ne Überraschung, was?", begrüßte er sie fröhlich. „Ich hatte vorhin auf einmal richtig Lust, mich wieder in die alte Kiste zu setzen. Dachte mir, wenn das schon so gut geht, kann ich dir auch gleich ...
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