Ein kahles Feld
Datum: 27.01.2018,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
... eine alte Dame?
Das war für Theo ohnehin keine Frage der Abstammung, sondern der Pietät, schließlich wisse jeder, wie ein Fahrradsattel aussieht. Es erschien ihm auch aus Gründen der Effektivität wenig sinnvoll, alte Frauen zum Dynamotreten zu verurteilen, jedem, der sie schon beim Fahrradfahren gesehen hat, müsste klar sein, dass da kein nennenswertes Output zu erwarten war.
Deswegen kontrollierte Theo bevorzugt junge Frauen. Nicht ausschließlich, doch wenn es sich irgendwie einrichten ließ, schnappte er sich nur die jungen. Die alten ließ er passieren. Unbehelligt. Er tat einfach so, als sähe er sie nicht. Das konnte er, das lag in seinem Ermessensspielraum. Obwohl das nicht immer einfach war, nein, durchaus nicht. Es gab nämlich auch Frauen, bei denen er das Gefühl hatte, dass sie unbedingt kontrolliert werden wollten. Das äußerte sich auf mannigfaltige Weise. Zum Beispiel, indem sie die Straßenseite wechselten, wenn sie seiner ansichtig wurden - allerdings auf die seine. Oder sie lachten im Vorbeigehen laut. Oder sie suchten Blickkontakt. Oder ...
Plötzlich sah er wieder ein Opfer. Blond. Das heißt, eigentlich waren es zwei. Wahrscheinlich Mutter und Tochter. Ja, unverkennbar Mutter und Tochter, beide trugen Zöpfe. Das machte auch die Mutter interessant. Er stand halt auf Zöpfe. Für ihn gab es nichts Schöneres als eine Frau mit Zopf. Oder mit einem Hut. Doch leider trugen Frauen schon lange keine Zöpfe mehr. Wegen der Hitze waren lange Haare aus der Mode ...
... gekommen, Zöpfe also eine Mangelware. Und da gingen gleich zwei Zöpfe spazieren. Theo konnte sein Glück kaum fassen.
Er sprang aus seinem Versteck.
"Halt!", rief er und baute sich in all seiner Größe vor ihnen auf.
Sie wichen zurück, die Mutter ihre Tochter umarmend.
"Wasserpolizei!", sagte er mit ruhiger Stimme, "Bitte folgen Sie mir."
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich auf den Fersen um und verschwand in seinem Unterstand. Er setzte sich und wartete. Sie kamen nicht sofort, doch er wusste, dass sie kommen würden, auf Widerstand gegen die Staatsgewalt standen mindestens drei Monate Zwangsarbeit.
„Ausweise, bitte!“
Er nahm die Steine und tat, als ob er sie prüfte, doch in Wirklichkeit überlegte er nur, welche der beiden Frauen er sich zuerst vornehmen sollte.
„Machen Sie sich bitte frei!“ sagte er in strengem Ton, um dann, nach kurzer Verzögerung freundlicher hinzuzufügen: „Nur unten herum, bitte, Rock hochheben genügt.“
Sie taten es nicht widerspruchslos, vor allem die Tochter schien wenig gewillt, dem alten Polizisten den Gefallen zu tun.
„Ich verlange eine Polizistin!“, sagte sie laut, dabei nicht ihn, sondern ihre Mutter anschauend.
„So, so, Polizistin“, antwortete Theo langsam und hob den Blick widerwillig vom Saum ihres Rockes, wohin er seit dem Augenblick ihres Eintretens gestarrt hatte.
„Ja, ich habe ein Recht darauf, von weiblichem Personal untersucht zu werden!“
„Schon recht, junge Dame“, sagte Theo ernst, um gleich danach ...