1. Seltsame Wünsche


    Datum: 17.05.2021, Kategorien: Fetisch Deine Geschichten

    ... Fehlversuche, jetzt ging mir alles fast zu schnell. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Will ich jetzt wirklich, mit 27 Jahren, für den Rest meines Lebens einbeinig sein? Ist es nicht verrückt, ein gesundes Bein abschneiden zu lassen? Wie viele Frauen würden alles dafür geben, ein zweites Bein zu haben! Phantomschmerzen, was ist, wenn ich ständig Phantomschmerzen habe? Was wird alles anders werden, wenn ich wirklich nur ein Bein habe, wenn ich nicht mehr nur die Bandagen lösen muss – kann? Am nächsten Tag wurde ich um acht Uhr in den OP gefahren…
    Mir war, als wäre ich kurz eingenickt. Oder war etwa schon alles vorüber? Ich tastete nach unten – das Bein war weg! Nun war es also endgültig. 
    Wir hatten zwei Wochen Urlaub gebucht, in der Annahme, dass es ohnehin wieder nichts werden würde. Und wenn doch, dann würde ich eben einen Termin bekommen, vielleicht in ein paar Wochen, vielleicht in ein paar Monaten. Jetzt war alles so schnell gegangen. Klaus musste termingerecht nachhause, ich wurde etwas später im Ambulanzjet „nachgeliefert“. Laut den Papieren der Klinik war der Grund für die Amputation ein Schlangenbiss. 
    Keine Chance, mir wurde eine Prothese samt dazugehörigem Gehschulseminar verpasst. Wieder blöd Zeit vertrödelt, ich werde mir ein Bein abnehmen lassen und dann mit einem künstlichen herumlaufen. Naja, ...
    ... die konnten ja nicht wissen… und sagen kann man es ihnen auch nicht. Aber irgendwann kam ich endlich wieder nachhause.
    Ich hatte gemeint, ich würde gleich wieder flott auf den Krücken unterwegs sein, wie ich es von meiner vorgetäuschten Einbeinigkeit gewohnt war. Da hatte ich mich geirrt. Es fehlte jetzt die Masse des Beins und so war auch der Schwerpunkt nach oben gewandert, wie Klaus mir erklärte. Das gab aber auch die erregende Ängstlichkeit zurück, die ich empfand, wenn ich die lange Treppe am Bahnhof hinunterging. Jetzt war sie wieder da, die Befürchtung, die Stiege hinunterzufallen. Beim Pretenden war alles schon zur Gewohnheit geworden. 
    Ja, wahrscheinlich bin ich verrückt. Aber auch jetzt noch, wo ich schon über 20 Jahre mit nur einem Bein lebe, habe ich dieses seltsam prickelnde Gefühl, wenn ich mit dem Essen drei Mal von der Küche zum Esszimmertisch hüpfe, welches ich auf einem Tablett auf einmal tragen könnte, wenn ich zwei Beine hätte. Wenn ich morgens wach werde und dringend aufs Klo muss. Auf einem Bein hüpfend ist da die Gefahr groß, es nicht halten zu können – aber irgendwie auch erregend. Im Freibad und Hallenbad die Blicke auf mich ziehend, aber nicht, weil ich so schön bin. 
    Natürlich hat es unser Leben verändert. In der Öffentlichkeit sich als Beinamputierte zu bewegen ist anders, als nur zu pretenden. 
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