1. „skrupellos“ Kapitel II


    Datum: 22.12.2017, Kategorien: Macht / Ohnmacht

    ... aber es ist nun vorbei, endgültig, Schluss, aus, Ende“.
    
    Sie dachte zurück.
    
    „Es war manchmal aber sehr schön mit Gerald“, sagte sie leise.
    
    Er war drei Jahre älter und hatte auch schon ein eigenes Auto. Sein Vater sei Professor und Chefarzt einer nahen Klinik. Sie sei sehr verliebt gewesen. Verlegen schlug sie die Augen nieder.
    
    „In seinem Auto haben wir uns geküsst“.
    
    Julia nippte an ihrem Glas mit Apfelsaft. Plötzlich schrak sie auf, ihr wurde erst jetzt bewusst was sie gesagt hatte.
    
    „Ich kann Dir doch trauen?“.
    
    Automatisch war Julia vom „Sie“ auf´s „Du“ übergegangen.
    
    „Unbedingt Julia“.
    
    Sie schaute ihn prüfend an, nickte dann, wie um sich selbst zu bestätigen, dass es so ist und sprach weiter.
    
    „Auch meinem Papa konnte ich nämlich alles erzählen, auch das von den Küssen“.
    
    Er habe sie eigenartig angeschaut, habe sogar etwas geseufzt, aber er liebte sie so sehr, dass er ihr nicht böse sein konnte.
    
    „Er war der beste und allerliebste Pa...pa“.
    
    Tränen kullerten plötzlich über ihre Wangen und tropften auf das weiße Tischtuch und automatisch griff sie trostsuchend nach des Richters Hand.
    
    „Ich vermisse ihn so sehr“.
    
    Er holte ein Stofftaschentuch aus seiner Saccotasche und tupfte zärtlich und liebevoll die Tränen von ihrer Wange. Sie wartete geduldig bis er fertig war, nahm dann seine Hand mit dem Taschentuch und führte sie zu ihrer Nase und schnäuzte geräuschvoll hinein. Sie dachte sich nichts dabei, sicherlich hatte ihr Vater es ...
    ... tausendemale so bei ihr gemacht. Durch den dünnen Stoff konnte er die behagliche Wärme der Flüssigkeit fühlen.
    
    oh mein Gott, was für ein wahrhaftiges Mädchen. Niemals, nicht einmal zu seiner Pennälerzeit auf dem Gymnasium war ihm etwas derart natürliches begegnet.
    
    Er hatte das Gefühl, sie begann in ihm einen Vaterersatz zu sehen. Sollte er diese Rolle annehmen? Es wäre einerseits verlockend. Sie würde ganz sicher empfänglich dafür sein und manches würde leichter, aber würde es weitergehenden Aktivitäten nicht entgegen stehen?
    
    Väter vögeln im allgemeinen nicht ihre Töchter.
    
    Er würde noch warten, musste sich nicht sofort entscheiden...
    
    Er ließ ihr Zeit und erst beim Tiramisu stellte er, wie beiläufig die Frage, die so sehr brannte in ihm.
    
    „Wie ging es weiter mit dem jungen Mann?“.
    
    Sie senkte ihren Blick, schaute auf ihren Teller, dennoch, sie hatte sich wieder gefangen und mit fester Stimme sprach sie. Ihre Freundin hatte sie gewarnt, hatte ihr gesagt, dass er sich mit Küssen schon bald nicht mehr zufrieden geben würde, dass er mehr wolle. Und so sei es auch gekommen. Er habe sie an einem Freitagabend, zu Hause abgeholt und sie wollten Tanzen gehen. Er sagte dann, er habe noch etwas vergessen. Erst habe sie ja nicht mit reinkommen wollen, es aber dann doch getan.
    
    „Komm doch mit rein, Du musst doch nicht im Auto warten“, hatte er vor dem Haus seiner Eltern zu ihr gesagt.
    
    „In seinem Zimmer dann nahm er mich in den Arm und küsste mich und mehr als das, seine Hände ...
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