„skrupellos“ Kapitel II
Datum: 22.12.2017,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
Kapitel II
Herbert Wallin, Richter am Landgericht München konnte sich nicht erinnern, zu welchem Zeitpunkt in seinem Leben er sich etwas mehr gewünscht hatte, als dass dieses Mädchen ihr Versprechen wahrmachen und in dem Cafe auf ihn warten würde.
Es war schon nach 18 Uhr, als er endlich die Verhandlung um einen Versicherungsbetrug vertagen und das Gerichtsgebäude verlassen konnte. Unkonzentriert war er gewesen, den gesamten Nachmittag, er bekam das Bild des Mädchens nicht aus dem Sinn und eine Melody nicht aus dem Ohr.
„Young girl, get out of my mind“,
er war siebzehn Jahre, als Gary Pukett mit diesem Song einen Welthit landete und erst jetzt, mehr als 25 Jahre später begriff er den tiefen, den verstörend wahren Hintersinn des Songtextes.
Eilig lief er nun, ja er rannte fast den kurzen Weg hin zu dem kleinen Cafe.
Abrupt verlangsamte er seinen Lauf, er hatte sie durch die große Fensterfront schon entdeckt.
Sie saß an dem kleinen Tischchen gleich bei der Türe. Er blieb stehen und da sie ihn nicht sehen konnte, nahm er sich etwas Zeit und betrachtete sie. Der Blickwinkel zeigte sie von der Seite, er sah
ihre Silhouette.
Und trotz der Entfernung konnte er deutlich ihr dunkelbraunes, schulterlanges, gelocktes Haar erkennen. Ihre Augen konnte er zwar nicht sehen, wusste jedoch von dem vis a vis im Restaurant am Mittag, sie waren ein faszinierendes Dunkel, fast Schwarz.
Sie hob die Tasse an den Mund, pustete leicht und trank einen kleinen ...
... Schluck.
verdammt lang her, ja es war verdammt lang her, dass er eine Frau derart heftig begehrte. Dieses Mädchen Julia ist…, doch ihm fiel kein passendes Wort ein.
Eine Schönheit? Viel zu schwach...
Vielleicht die begehrenswerteste Frau schlechthin?
Die schöne Julia, abgeleitet von „Die schöne Helena“? Jener griechischen Göttin, die als die schönste Frau die jemals lebte galt. Ihre Schönheit soll, so sagt man, so groß gewesen sein, dass jeder Mann, der sie sah, sie besitzen wollte.
Ja, das dürfte ziemlich exakt auf Julia zutreffen.
Er selbst wäre bereit für eine Nacht mit ihr, ein Jahr seines Lebens zu geben,...naja, oder zumindest einen Monat...
„Ich freue mich sehr Julia“, hatte er zur Begrüßung gesagt und ihre Hand geküsst. Julia hatte eine Tasse, er lächelte, eine Tasse Schokolade mit einem Häubchen Schlagober vor sich stehen. Ob sie sich freute auch ihn zu sehen? Er war sich fast sicher, obwohl sie eher unberührt wirkte.
„Darf ich Sie zum Abendessen einladen?“, hatte er gefragt.
Und als sie in dem italienischen Ristorante saßen, genügte wiederum nur eine kleine Frage und ihre Worte sprudelten, wie schon am Mittag in dem thailändischen Restaurant.
„Wartet jemand auf Sie in Mühldorf Julia, ein Freund vielleicht?“, hatte er sie während der Anti-Pasta gefragt und obwohl es ihn brennend interessierte, hatte er doch darauf geachtet, dass sein Tonfall gleichgültig, fast nebensächlich klang.
„Nein niemand, nicht mehr, ich habe einen Freund gehabt dorten, ...