Schwesternliebe
Datum: 11.09.2017,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... schlechtes Gewissen belastete.
Als der lang ersehnte Sonnabend endlich da war und ich mich bereits gegen 15.00 Uhr mit entsprechendem Lampenfieber ins Badezimmer verzogen hatte, konnte ich förmlich fühlen, wie sich Nadjas Laune stetig bergab entwickelte.
Erst lag sie maulend auf dem Sofa und klagte über Kopfschmerzen. Nachdem ich ihr zwei Tabletten gebracht hatte und mich wieder um meine Angelegenheiten kümmern wollte, war es ihr plötzlich ein Bedürfnis, mich über ihren aktuellen Liebeskummer aufzuklären. Stetig bohrend, erinnerte sie mich daran, dass es meine Pflicht war, für sie da zu sein. Gerade jetzt wollte sie meine Ratschläge hören, obgleich wir beide wussten, dass sie diese regelmäßig in den Wind schlug.
Aufgeregt und nervös wünschte mir nichts anderes, als die nächsten Stunden zu genießen. Ich wollte in Ruhe baden, meine Haut verwöhnen, mich stylen, meine Nägel lackieren. Es war schlimm genug, dass meine Erfahrung in solchen Dingen recht dürftig ausfiel und eigentlich entsprechende Tipps meiner kleinen Schwester angebracht gewesen wären.
Aber nein, sie wollte über sich reden, verlangte nach meiner Aufmerksamkeit.
"Naddel ...!", schimpfte ich nach ein paar Minuten entnervt. „Lass mich doch endlich in Ruhe! Mach die Tür von außen zu!"
Gerade hatte ich mich beim Auszupfen meiner Augenbraue wieder um einen wichtigen Millimeter verhauen, weil sie im Türrahmen stand und Grimassen schnitt.
"Du musst mir aber zuhören!", forderte sie mit der Sturheit ...
... eines ungezogenen Kleinkindes. „Nachher bist du weg. Keine Ahnung, was ich machen soll, wenn der Typ von gestern wieder anruft! - Übrigens sieht deine linke Augenbraue total scheiße aus! ", stänkerte sie weiter.
Ich war den Tränen nah.
"Leg auf und reagiere nicht auf ihn! Oder geh wieder mit ihm aus, so wie du es die letzten drei Male auch getan hast, obwohl wir besprochen hatten, dass er nicht gut für dich ist.", entgegnete ich gestresst. „Du machst doch sowieso was du willst. Heute ist ausnahmsweise mal mein Abend, verstehst du das nicht?"
Beleidigt verzog Nadja ihr Gesicht. Für einen Moment verschwand sie ins Wohnzimmer.
Schon atmete ich erleichtert auf und wollte gerade damit beginnen, meine lästigen Beinhaare zu rasieren, als ich sie telefonieren hörte.
"Hi du...", mehr war fürs Erste nicht zu verstehen.
Dann erhaschte ich weitere Gesprächsfetzen: „Oh... Toll! ... Ja, passt...klasse!"
Meine Aufmerksamkeit war geweckt obwohl es mir hätte egal sein sollen.
Mit wem telefonierte sie? Machte sie endlich eine Verabredung für heute Abend klar, sodass ich endlich meine Ruhe hatte?
Noch während ich den Rasierer ins Waschbecken warf und nachsehen wollte, stand Nadja wieder in der Badezimmertür.
"Alles klar, meine Dicke!", flötete sie. „Ich geh mich mal umziehen, bin weg!"
"Ach!", erwiderte ich fast spöttisch. „Doch ein Rendezvous?"
"Weiß noch nicht ...!", klang ihre Stimme dumpf aus dem Kleiderschrank.
Ehrlich gesagt, war ich in diesem Moment ...