1. Schwesternliebe


    Datum: 11.09.2017, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... Ausdauer, um diesem Mädchen Tag für Tag hinterher zu rennen und die Scherben hinter ihr weg zu räumen.
    
    Mir wurde langsam klar, dass die Zeit gekommen war, mein eigenes Leben zu leben, wollte ich nicht irgendwann gemeinsam mit ihr unter gehen.
    
    Ich begann zu begreifen, dass unsere Schwesternliebe immer mehr in den Hintergrund rückte und für Naddel immer weniger Bedeutung hatte.
    
    Ich fühlte mich allein, verlassen, ausgenutzt und irgendwie amputiert.
    
    Aber noch konnte ich diesen großen Schritt nicht gehen, noch hatte ich Ängste und Skrupel Nadja allein zu lassen, sie in die Eigenverantwortung der Realität zu schuppsen.
    
    Ja, ich war oft wütend auf sie, wenn sie wieder einen weiteren Monat hatte verstreichen lassen, ohne sich ernsthaft um eine Ausbildung oder einen Job zu bemühen. Natürlich schimpfte ich, wenn ich abends nach Hause kam und die Einkäufe nicht erledigt waren, das Geld aber für irgendwelchen Schnickschnack ausgegeben worden war.
    
    Ich war genervt, wenn der Zustand unserer Wohnung dem ähnelte, als zu der Zeit, in welcher unsere Mutter noch lebte.
    
    Klar gefiel es mir nicht, dass Nadja sich oft tage - und nächtelang herumtrieb oder sich immer wieder wahllos an meinen Sachen bediente.
    
    Aber sie war doch meine kleine Zuckermaus, mein Baby!
    
    Irgendwann während dieser traurigen, frustrierenden Monate lernte ich im Krankenhaus Thomas, einen jungen Sanitäter kennen. Schon äußerlich verkörperte er das, was ich jahrelang in all meinen feuchten Träumen erfleht ...
    ... hatte.
    
    Er war nicht sonderlich groß, aber muskulös, hatte ein markantes Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und trug meist einen Dreitagebart. Seine Augen waren dunkelblau, die schwarzen lockigen Haare zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden.
    
    Anfangs himmelte ich ihn nur aus der Ferne an. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Typ wie er auf eine unscheinbare graue Maus wie mich überhaupt aufmerksam werden könnte.
    
    Ich musterte ihn, beobachtete seinen Gang, seine Gesten, schmunzelte mit gesenktem Kopf in mich hinein, wenn er laut lachend den Witz eines Kollegen kommentierte.
    
    Später, als wir zufällig während der Pause einen Tisch in der Kantine teilten, sprach er mich zum ersten Mal an. Mir rauschte vor Aufregung das Blut in den Ohren und ich verfluchte meine Schüchternheit, als er ganz locker eine Unterhaltung mit mir begann. Er versuchte schon fast verbissen, das Gespräch mit mir zu führen und vermittelte mir so seit ewiger Zeit wieder das Gefühl, wichtig zu sein. Schließlich gelang es mir, ihn offen in sein Gesicht blicken. Mit klopfendem Herzen fand ich halbwegs vernünftige Antworten auf seine Fragen und Argumente.
    
    Von da an verbrachten wir, wann immer es möglich war, unsere Pausen miteinander.
    
    Thomas gelang es in kurzer Zeit, Bedürfnisse bei mir zu wecken, die ich sicher in meiner Seele vergraben geglaubt hatte.
    
    Egal ob es die Art von Sex war, an dem auch Frauen ihren Spaß hatten und den ich nun endlich live und in Farbe erleben wollte, Lust auf ...
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