1. Schwesternliebe


    Datum: 11.09.2017, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... Gespräch überhaupt annehmen?
    
    Wo war er jetzt? Zu Hause? In der nächstbesten Kneipe? Unterwegs mit Nadja?
    
    Nadja ... war sie da?
    
    Was zum Teufel sollte ihr Auftritt vorhin?
    
    War sie eifersüchtig?
    
    Wollte sie mich zerstören oder meine Beziehung zu Thomas -- sofern ich noch eine hatte?
    
    War sie mit Anfang 20 wirklich schon derart abgebrüht, dass sie selbst Sex mit ihrer Schwester haben würde, nur um irgendetwas außerhalb der Norm zu erleben?
    
    Sex ... mein Gott, war das herrlich vorhin. Noch nie hatte ich so unglaublich überwältigende Gefühle erlebt.
    
    Drei Orgasmen in solch kurzer Zeit, so gewaltig und außerordentlich, ich hätte mich eigentlich wie eine Göttin fühlen müssen.
    
    Die Schubkästen ... wie unendlich entwürdigend und peinlich!
    
    Warum passierte mir soviel Blödes in letzter Zeit, wieso fühlte ich mich neuerdings so oft deplatziert und untragbar?
    
    Was passierte mit mir?
    
    Während all diese Fragen wie ein Orkan durch meinen Kopf stürmten, hatte ich das erste Glas Rotwein bereits geleert ohne mir überhaupt darüber klar zu sein. Unwillkürlich griff meine Hand wie ferngesteuert wieder zur Flasche und schenkte nach.
    
    Was würde morgen im Krankenhaus sein?
    
    Sollte ich gar nicht erst in die Kantine gehen?
    
    Wäre es besser, Thomas vor Dienstbeginn aufsuchen? Sein Dienstplan war mir bekannt, er hatte die ganze Woche Frühschicht.
    
    Konnte ich es wagen, mit meiner kleinen Schwester gleich ziehen und ihm ungefragt intime Fotos von mir schicken, die ihn ...
    ... womöglich besänftigen könnten?
    
    Ja!
    
    Nein!
    
    Doch!
    
    Niemals ...
    
    Das nächste Glas floss fast auf ex durch meine Kehle, ein Nebelschleier breitete sich in meinem Hirn aus.
    
    Wäre es besser für mich, die Liebe zu Thomas in meinem Herzen zu vergraben und ihn in Ruhe zu lassen, ihn frei zu geben?
    
    Wäre es besser für ihn?
    
    Besser für Nadja?
    
    War ich gar nicht fähig, eine Beziehung zu führen?
    
    Klammerte ich zu sehr?
    
    War mein Seelenzustand paranoid? Hysterisch?
    
    Und wenn ich es war, warum?
    
    Der Chianti war geleert.
    
    Hilflos schweifte mein Blick durch das Wohnzimmer. Dann erinnerte ich mich an das Bier im Kühlschrank, mindestens vier Flaschen mussten noch da sein.
    
    ***
    
    Am nächsten Mittag erwachte ich mit einem Brummschädel, wie ich ihn noch nie vorher kennen gelernt hatte. Meine Augen brannten bei dem Versuch sie zu öffnen um festzustellen, wo ich überhaupt war. Minuten später wurde mir klar, dass ich auf dem Sofa im Wohnzimmer lag, vor mir auf dem Boden eine stinkende Lache Erbrochenes
    
    Ich versuchte aufzustehen, sah doppelt, mir war schwindlig.
    
    Wankend suchte ich den Weg ins Badezimmer, wollte duschen, musste mich wieder übergeben.
    
    'Verdammt, du dämliche Kuh!', schimpfte ich mich, während mein Kopf in der Toilettenschüssel hing.
    
    'Was hast du dir nur gedacht? Hast du überhaupt gedacht? Du bist nicht zum Dienst gegangen, heute Morgen. Du musst blau machen, zum ersten Mal in deinem Leben!'
    
    Mir war so übel.
    
    Nach einer unangenehm kalten ...
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