1. Karibische Träume in der Vorstadt


    Datum: 30.06.2020, Kategorien: Erotische Verbindungen

    ... in den Romanen, die ich mit fünfzehn gelesen habe."
    
    Sie dreht das Glas zwischen den Fingern.
    
    „Eigentlich bin ich immer noch sauer."
    
    „Du musst drüber wegkommen. Du kannst ja nicht ewig schmollen und keinen Freund haben."
    
    „Ha." Erstaunlich, dass man so viel ätzende Verachtung in eine einzige Silbe legen kann. „Danke, dass du mir von der Postkarte erzählt hast. Es tut trotz allem gut, zu wissen, dass es Mama gut geht. Hätte ich fast nicht mehr gedacht, dass mir das so wichtig ist."
    
    Sie sieht mir direkt in die Augen, und diesmal ist der Himmel zwar immer noch wolkenverhangen, aber gerötet von einem kitschigen Sonnenuntergang. „Ich vermisse sie. Scheiße, ich vermisse sie jeden verdammten Tag. Ich will, dass sie wiederkommt."
    
    Schwierig, hier die richtigen Worte zu finden. „Aber wenn sie jetzt glücklich ist?"
    
    „Und was ist mit mir?"
    
    „Du hast dein eigenes Leben."
    
    „Noch so'n Spruch aus 'nem billigen Roman. Ich hab sie lieb. Und sie geht weg. Das tut weh, so einfach ist das."
    
    „Du musst Abschied nehmen, Ela. Trauern. Versuch es mit einem Ritual, so wie man von Toten mit einer Beerdigung Abschied nimmt."
    
    „Ja, ja, das sagt Papa auch. Es gibt aber kein beschissenes Ritual, um eine Mutter zu verabschieden, die einen einfach im Stich lässt."
    
    Der Wunsch, sie in den Arm zu nehmen, wird allmählich übermächtig. Besser, ich breche bald auf.
    
    „Eins noch", bitte ich sie, „habt ihr noch dieses Gartenhaus?"
    
    „Was?" Ela muss erst mal wieder aus ihrem ...
    ... Selbstmitleid auftauchen. „Du meinst, den Schrebergarten?"
    
    „Ja, genau."
    
    „Den haben wir noch. Nicht, dass wir ihn bräuchten, wir haben ja hier schon genug Garten. Aber Papa ist ein Pflanz-Freak, der kann gar nicht genug Garten haben. Ich bin nur manchmal da, wenn wir zusammen grillen."
    
    Erst jetzt scheint ihr aufzugehen, was für eine seltsame Frage ich da gestellt habe. „Warum interessiert dich das eigentlich?"
    
    Ich grinse. „Was meinst du, wo wir unsere Tête á Têtes hatten? Auf der offenen Baustelle?"
    
    Ela richtet sich auf. „Echt jetzt? Ihr habt es da getan? In dem Gartenhäuschen? Nicht sehr luxuriös."
    
    „Das war uns egal. Kann ich es noch mal sehen?"
    
    Ela springt auf. „Kein Problem." Offenbar regt die Vorstellung sie an, an den Ort der Jugendsünden ihrer Mutter zurück zu kehren. Ob sie hofft, Sybille und mich dort in flagranti zu erwischen?
    
    Nach einem prüfenden Blick aus dem Fenster schnappt sich Ela noch einen Schirm und schon sind wir auf dem Sprung. Wie federnd ihr Gang ist! Zwanzig müsste man sein, nicht siebenunddreißig. Zum Glück hat sie flache Schuhe an, durch ihr Hüpfen wirkt sie sowieso schon größer. Und sie ist so schlank, wie es eben nur junge Frauen sein können, diese dünnen Arme, Beine, einfach wow, das alles.
    
    „Wie hat es eigentlich angefangen zwischen euch?", will sie wissen.
    
    „Deine Mutter hatte ein Auge auf mich geworfen. Ich habe in den Semesterferien auf der Baustelle gearbeitet, um mein Studium zu finanzieren."
    
    „Hart. Student auf dem ...
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