Erinnerungen 03
Datum: 21.05.2020,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
... er alle halbe und volle Stunde über einem kleinen Feuer erhitzte. Er enthielt einige leicht bekömmliche Kräuter und ein Pulver, welches den Tee bitter machte. Es bewirkte nichts, aber es ließ die Dorfbewohner glauben, der Tee wäre besonders wirkungsvoll. Der Großteil gab sich damit auch zufrieden. Der Tee, den er dem Jungen gab, war beinahe schon eine halbe Stunde alt und wohl nur noch etwas mehr als lauwarm. Er wusste, wie scheußlich er schmeckte und es war ihm egal.
Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen und endlich behandelte er den Letzten für diesen Tag. Wenn er gewollt hätte, er hätte ewig weiter machen können, doch in der letzten Stunde hatte er bereits für die Meisten nicht mehr getan, als ihnen einige Horinienblätter zu geben. Vorausgesetzt natürlich, es war wirklich etwas Ernsteres, andernfalls bekamen sie Tee. Im Grunde genommen waren die Blätter ein einfaches Nervengift, jedoch eines, welches Schmerzen dämpfte. Je nach Menge stärker oder weniger, länger oder kürzer. Er war ausgelaugt und spürte, wie er sich wieder nach der vertrauten Berührung von Daria sehnte.
Die Zeit über im Dorf hatten sie oft nur einzeln geschlafen. Einige Schwerverletzte hatte er die ersten beiden Wochen nicht unbeobachtet lassen wollen und die Bewohner waren zwar größtenteils nett, aber vollkommen unfähig, auch nur einen Verband zu wechseln oder die Wunden so zu reinigen, dass sie sich nicht sofort wieder entzündeten. Wer auch immer diese Aufgaben hier sonst erledigt ...
... hatte, er war nicht aufzufinden.
*****
In einem seinerseits äußerst knappgehaltenen Gespräch mit dem Schmied hatte er es arrangieren können, gemeinsam mit Daria einige Holzvorräte aus dem nahe gelegenen Wald für das Feuer der Toten heute Nacht zu holen. Es würde ihnen einen kleinen Moment bescheren, den sie alleine sein konnten. Etwas, was sie trotz des Vorteils nachts - zumindest theoretisch - ein richtiges Zimmer und ein Bett teilen zu können nur sehr selten hatten genießen dürfen.
Sie hatten ausgemacht, sich am Dorfausgang zu treffen, weil sich Daria vorher noch kurz etwas anderes anziehen wollte. Verständlich, denn den ganzen Tag über hatte sie Kranke versorgt, nach ihrer Aussage wollte sie das Gefühl des Leidens ablegen. Erst hatte er Anstalten gemacht, sie zu begleiten, doch Daria hatte ihm erklärt, dass es wenig produktiv wäre. Letztendlich wussten sie beide, dass eine einzige Minute zusammen in ihrem Zimmer reichen würde, um ihre Aufgabe für die nächste Stunde zu vergessen. Außerdem würde es auffallen, wenn sie beide fehlen würden, mittlerweile wurden sie im Dorf als Helden gefeiert. So schön es war, von einem ganzen Dorf wie Halbgötter verehrt zu werden, sie hatten scheinbar keinerlei Verständnis für sehr menschliche Bedürfnisse.
Nach einer für ihn endlosen Zeit kam sie endlich auf ihn zu, wie immer, oder nach dem gestrigen Abend beinahe immer, in einem waldgrünen Gewand und dazu passenden Laufhosen aus Leinenstoff. Beinahe schien es, als hätte sich nichts ...