1. Erinnerungen 03


    Datum: 21.05.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    Erinnerungen 3 -- Fire
    
    XI.
    
    Jeder Schritt trieb ihr einen schmerzverzerrten Ausdruck ins Gesicht, jeder weitere Atemzug fühlte sich an, als würde sie Feuer trinken. Zu einem normalen Gedanken war sie schon lange nicht mehr fähig, ihr Kopf schien durch eine riesige Eisenkugel ersetzt, von der Sorte, wie man sie Gefangenen an die Füße band, damit sie nicht auf die Idee kamen zu fliehen. Eine beinahe unerträgliche Last, die sie nicht ablegen konnte.
    
    Mit dem linken Fuß stieß sie an etwas Hartes, stolperte und konnte sich nicht mehr halten. Ihre Muskeln schienen ihr den Dienst zu verweigern, als würden sie abstreiten, noch länger ein Teil von ihr zu sein. Eine schier unglaubliche Kraftanstrengung verwendete sie für den Versuch, ihren Fall abzufangen, es brachte ihr jedoch nichts ein, außer ein paar weitere Schürfwunden an ihren Händen und Unterarmen.
    
    Sie spürte, wie etwas Warmes über ihr Bein floss, als sie versuchte sich aufzurichten, über Fußgelenk und nackte Füße den Boden erreichte. Als sie es schließlich geschafft hatte, wieder zum Stehen zu kommen, betrachtete sie es geistesabwesend. Eine Blutspur war daran zu erkennen, doch sie spürte keine Schmerzen. Jedenfalls nicht mehr als an ihrem restlichen Körper. Für einen Moment fragte sie sich, woher das offensichtlich frische Blut stammte, dann fiel ihr Blick auf das Hindernis, über das sie gestolpert war. Es war das Bein eines Menschen, auf eine Weise vom dazugehörigen Körper abgeknickt, die alles andere als ...
    ... natürlich war. Wahrscheinlich war er tot, obwohl es natürlich immer sein konnte, dass er einer der unsäglichen Pechvögel war, die überlebten und mit nur noch der der Hälfte ihrer Körperteile aus dem Krieg zurückkehrten. Sie hatte nicht die Kraft, um sich von Ersterem zu überzeugen. Stattdessen schleifte sie sich einfach weiter, Hauptsache weg von diesem Ort.
    
    Hinter sich hörte sie eine Stimme, die ihren Namen rief. Es klang erschöpft und ein wenig heiser, bemühte sich jedoch deutlich, es zu überspielen. Es war eine tiefe, männliche Stimme, die sie entweder Cyril oder Vural zuordnete. Die beiden gehörten wie sie zur Kompanie von General Sygol, einem grobschlächtigen Mann mit einem befehlsgewohnten Auftreten, doch seine Führungsqualitäten waren unumstritten. Auch wenn sie sich nicht sicher war, ob es nicht besser gewesen wäre, er hätte sie in den Tod geschickt und so das Elend ein für alle Mal beendet.
    
    Ein bitteres Lächeln überspannte ihre Lippen, dabei riss eine Wunde an der Wange wieder auf und begann zu bluten. In Zukunft würde Sygol sie nicht mehr anführen, dergleichen taten Tote nicht. Sie hatte gesehen, wie er gefallen war, seine Leiche, falls sie überhaupt noch als solche zu identifizieren war, würde für alle Zeiten sein einziges Überbleibsel bleiben.
    
    Die Stimme hinter ihr rief abermals ihren Namen, endlich blieb sie stehen, ohne jedoch nachzusehen, ob es sich wirklich um Cyril oder Vural handelte. Sie stand einfach nur da, wie ein kleines Mädchen, das den Weg nach Hause ...
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