1. Wenn die Nachtigall erwacht 14


    Datum: 07.05.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    Am Montagmorgen saß Sam als Passagier in einem Transportflugzeug, das westwärts über den Pazifik flog. Er schaute aus dem Fenster und sah die Küste hinter sich verschwinden.
    
    »Jetzt geht es wieder los«, sagte Buck und schlug ihm kumpelhaft auf den Oberschenkel. Sam nickte schweigend und zwinkerte, um zu signalisieren, dass er es auch kaum erwarten konnte.
    
    »Was ist denn an Thanksgiving in dich gefahren?«, fragte Buck. Sam schaute wieder aus dem Fenster, als er antwortete: »Ich habe einfach mal frische Luft gebraucht.«
    
    »Du hast echt was verpasst«, sagte Buck. Sam zuckte mit der Schulter, als würde ihn das nicht sonderlich stören. Buck zeigte ihm unter der Hand ein Pillendöschen und flüsterte: »Die sind gut, da geht es dir gleich besser.«
    
    Sam winkte dankend ab. Er hatte seit Thanksgiving keine Stimmungsaufheller mehr genommen und fühlte sich so zufrieden wie lange nicht mehr. Seine innere Stimmung erinnerte ihn an die erste Verliebtheit im Teenageralter. Gleichzeitig war er emotional so gefestigt, dass er deswegen nicht Purzelbäume im Flugzeug schlug. Sam versteckte seine wahren Gefühle hinter einer leicht melancholischen Stimmung und sagte dann vertrauensvoll zu Buck: »Ich fühle mich lediglich nicht wohl, wenn ein anderer fliegt.«
    
    »Geht uns allen so Kumpel, ich kann es kaum erwarten, meine F18 wieder über den Ozean zu peitschen«
    
    ***
    
    Zur gleichen Zeit erreichte Tyra ihren Arbeitsplatz. Miriam hatte entschieden, dass sie sich vorerst so unauffällig wie ...
    ... möglich verhalten sollte. Und dazu gehörte eben auch, dass man pünktlich auf der Arbeit erschien. Beim Einschalten ihres Computers fiel Tyra auf, dass alle Kolleginnen heute so leger wie möglich an ihren Schreibtischen saßen. Tyra stach hervor, weil sie mit ihrem Outfit an der oberen Toleranzgrenze des Dresscodes lag. Zum Minirock trug sie ausgesprochen hohe Pumps und der Blazer war stramm auf Taille geschnitten.
    
    »Hast du vergessen, dass der Boss heute nicht da ist? Er kommt erst am Mittwoch von seinem Thanksgivingurlaub zurück«, raunte ihre Kollegin.
    
    »Da habe ich gar nicht dran gedacht.«
    
    »Na dann schwirrt die Fliege heute wohl um dich.«
    
    Die Fliege hieß offiziell Mr. Fernandez und war der talentfreie Assistent des Büroleiters. Wenn der Büroleiter nicht da war, lief Mr. Fernandez zur Höchstform auf und surrte von Schreibtisch zu Schreibtisch, auf der Suche nach einem Flirt. Dezente oder direkte Ablehnungen schienen ihm nichts anzuhaben, er schwirrte kurz davon und kam einfach später wieder.
    
    Tyra schob die große Basttasche, die sie sonst nur für Strandbesuche verwendete, unter ihren Schreibtisch. Sie hatte sich heute für diese großformatige Tasche entschieden, um V'nyx den V. mitnehmen zu können. Sie wollte ihn nicht den ganzen Tag im Auto lassen und er hatte diesen Ausflug in die Realität sogar begrüßt. Miriam stimmte dem Plan nur missmutig zu, sah aber ein, dass Tyra V'nyx den V. in ihrer Nähe haben musste, für den Fall, dass sie oder er schnell gebraucht ...
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