Die halbe Wahrheit
Datum: 14.04.2020,
Kategorien:
Erotische Verbindungen
... stimmt. Zehn Zehen, Keine Alien-Bewegungen unter der Haut. Alles paletti.
Ich beobachte seinen Blick noch mehrmals, bin viel zu betrunken, ihn einzusortieren und verabschiede mich ins Bett.
Ulf ist am Freitagabend kaum zur Tür rein gekommen, da falle ich über ihn her. Er versucht, mich abzuwehren, muss pinkeln, riecht nach einer langen Autofahrt, aber ich will ihn, auf der Stelle. Ich gestehe ihm ein kleines Geschäft zu und überrede ihn zu einer Dusche, indem ich mich nackt darunter stelle und ihm auseinandersetze, was genau ich jetzt gerne einseifen würde. Er lässt sich von mir einen runterholen und stellt die Dusche ab. Im Schlafzimmer lehnt er die zweite Runde ab, weil er einfach zu fertig ist von einer Woche Arbeit und fünf Stunden Autofahrt. Ich gönne ihm seine Ruhe, gehe ins Wohnzimmer und spüle die Leere im Kopf am Kloß im Hals vorbei.
Der Sonntag vergeht mit Kochen, Essen, einem Spaziergang, Fernsehen mit Ulf und einer schnellen Nummer im Bett, bei der er kommt und ich mich frage, ob ich überhaupt schon in Stimmung gewesen bin. Mein Montag ist ein einsamer, weil Ulf wieder auf Montage und Phil in der Bibiothek ist. Ich sitze drei Stunden auf der Couch, vor einem leeren Word-Dokument und denke darüber nach, ob ich es als inhaltliche Beschreibung der letzten zwei Jahre meines Lebens ausdrucke.
Mein Blick fällt auf ein Päckchen, das so schlecht in unpassend weihnachtliches Geschenkpapier eingewickelt ist, dass es von Phil sein muss. Ulf lässt einpacken. ...
... Phil ist an der Uni, also überlege ich, ob ich mit dem Auspacken warten soll. Das könnte ich per Smartphone anfragen, aber meine Laune hindert mich an jedem Sozialkontakt und lässt mich träge das Papier zerreißen.
Der Karton gibt eine weitere Umverpackung preis, auf der eine Schönheit abgebildet ist, die in Wahrheit wahrscheinlich keine ist, aber einen perfekt sitzenden Perlenstring trägt. Ich blicke auf das „Geschenk" und frage mich, ob ich mich darüber freuen, heulen oder ausrasten soll. Ist das der Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir so einen Scheiß anziehen soll, um noch den Hauch einer Chance zu haben, von meinem eigenen Freund flachgelegt zu werden?
Keine Frau sieht in Wahrheit so aus wie die Photoshop-Karikatur auf dem Bild. Ich gehe ins Bad und ziehe den Perlenstring an, der, im Spiegel betrachtet, optisch unspektakulär ist, für mich zumindest. Er kribbelt ganz nett, weil er sich, wenig überraschend, den Weg des geringsten Widerstands sucht. Am Ziel angekommen wirkt er allerdings recht teilnahmslos und könnte auch fehlen.
Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy"-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten ...