Juliana und die Piraten 4
Datum: 31.03.2020,
Kategorien:
Macht / Ohnmacht
... etwas lauten Satzfetzen, kann aber letztlich nichts verstehen. Sie sieht einzelne Piraten gestikulieren, offensichtlich sind sich insbesondere Larissa, die schwarzhaarige Russin, und Barbara, die rothaarige Bremerin, nicht einig. Nach einer guten Viertelstunde ist die Beredung zuende. Barbara schreit zu Juliana hinauf, sie solle dort oben bleiben. So verbringt Juliana noch mehr als zwei Stunden in luftiger Höhe. Beobachtungen, welche sie allenfalls weitermelden sollte, macht sie keine, denn die \"Adrienne\" bleibt mehr oder weniger an Ort und Stelle. Die Segel sind eingezogen und das Meer ruhig. Dies gibt Juliana Zeit, über ihre Lage nachzudenken. Erst jetzt wird sie sich voll bewusst, dass sie an diesem Morgen haarscharf an einem Verkauf als Dirne in ein Bordell in einer Kolonialstadt vorbeigegangen ist, und dass sie dies ihrer Herkunft verdankt. Gibt der Umstand, dass ihr Vater Gouverneur der englischen Krone ist, ihr selbst auf einem Seeräuberschiff Schutz? Oder führt sie dies etwa in Lebensgefahr? Der Kapitän verbirgt hinter seinem herrischen Auftreten offensichtlich eine nicht zu unterschätzende Unsicherheit oder gar Angst. Ist ihre Anwesenheit an Bord eine Gefahr für das Schiff, den Kapitän und die Mannschaft? Juliana kann diese Fragen nicht beantworten. Sie kommt erneut zum Schluss, wie bereits nach der Gefangennahme, dass ihr nichts anderes übrig bleibe, als das Unbekannte auf sich zukommen zu lassen oder gar sich selbst in das Unbekannte hineinzubegeben. Gegen fünf ...
... Uhr hört sie wieder Barbaras Stimme, welche ihr zuruft, herunter auf das Deck zu kommen. Beim Abstieg fühlt sie sich unsicherer als zuvor beim Aufstieg, und sie hütet sich soweit möglich, nach unten zu blicken.
Beim Abendessen herrscht im Umfeld von Juliana eine verwirrliche Stimmung. Diese spürt, dass die nachmittägliche Besprechung unter den Piraten das eine und das andere ausgelöst hat. Einige weichen ihr offenbar aus oder geben sich zumindest zurückhaltend. Andere bringen ihr jedoch offensichtliche Herzlichkeit entgegen. Die meisten verhalten sich nicht merklich anders als zuvor. Ein schottischer Pirat setzt sich neben Juliana auf den Boden und legt dieser den linken Arm um die Schultern. Sie geniesst es und lässt es sich auch gefallen, als der Arm nach unten wandert und die Hand sich an ihre Hüften legt. Sie wehrt sich erst und nicht besonders energisch, als die rechte Hand sich ebenfalls ihrem Leib nähert und einen Weg zur Öffnung ihres Hemdes sucht. Nun bittet sie den Matrosen, solches nicht vor allen Leuten zu tun, und wird sogleich rot, weil sie merkt, dass sie sich verschwatzt hat. Der Matrose blickt sich kurz erstaunt an, flüstert ihr ins Ohr, sie solle ihm folgen. Dann steht er auf, entfernt sich von Juliana, begibt sich zur Leiter zum Unterdeck und steigt hinunter. Was soll Juliana tun? Sie denkt nicht lange nach, erhebt sich und begibt sich ebenfalls ins Unterdeck. Dort ergreift der Pirat mit einer Hand ihren Arm und knöpft ohne etwas zu sagen mit der andern ...