1. Wenn die Nachtigall erwacht 08


    Datum: 26.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... einem Messer und sie fiel ihm in die Arme.
    
    »Schon gut«, sagte Greg, schlang seine Arme um ihre Taille und ließ sich mit ihr auf den Boden sinken. Er saß an einen Balken gelehnt und drückte die Blaue Königin wie ein überdimensionales Baby an seinen Oberkörper.
    
    *
    
    Miriam wusste nicht, wie lange sie in völliger Passivität in Gregs Armen gelegen hatte, aber es dauerte seine Zeit, bis keine Tränen mehr über ihr Gesicht liefen und sie innerlich zur Ruhe kam. Sie wollte ihr totales Versagen rechtfertigten, aber Greg gab ihr bei jedem Versuch einen Klaps auf die Wange und sagte: »Halt die Klappe!«
    
    Er tat das so oft und so konsequent, bis Miriam einsah, dass er keine Rechtfertigung hören wollte. Sie musste das mit sich selbst ausmachen.
    
    *
    
    Greg gab ihr die Gelegenheit, in Ruhe nachzudenken. Um ihren Oberkörper, unterhalb der Brüste, war ein derber Ledergürtel gespannt. Der Gürtel presste ihre Oberarme fest gegen ihre Flanken, sodass sie nur noch die Unterarme, von den Ellenbogen abwärts, frei bewegen konnte. Der Bewegungsspielraum war zum Braten von Fleisch gerade ausreichend. Sie stand an dem kleinen Gasherd in Gregs Scheune und beobachtete das brutzelnde Fleisch in der Pfanne. Als das heiße Fett zu spritzen begann, ging Miriam einen Schritt zurück, da sie ja nackt war. Aus dieser Entfernung konnte sie das Fleisch aber nicht mehr wenden, also musste sie die kleinen stechenden Schmerzen ertragen, die von den Fettspritzern auf ihren Brüsten verursacht ...
    ... wurden.
    
    `Geschwätzige Weiber und eitle Männer haben noch jede Festung zu Fall gebracht`, sinnierte Miriam. Sie wusste nicht, von wem dieses Zitat stammte, aber es traf heute auf sie zu. Zwar konnte ihr organischer Panzer dem brachialen Fußtritt eines fast zwei Meter großen Kampfsportlers widerstehen, aber was brachte das, wenn er sie mit subtileren Mitteln überwältigen konnte?
    
    Der Preis für diese Niederlage war die Degradation zu einer Küchenhilfe - sie fügte sich in diese Rolle, aber ihre Seele fühlte sich wund an, und Tränen waren das Blut der Seele. Sie würde Zeit benötigen, um zu ihrem gewohnten Selbstbewusstsein zurückzufinden.
    
    Dabei glaubte sie, die Lektion in Demut gestern in der Anderswelt gelernt zu haben, als sie schon einmal Schmerzen und Qualen erleiden musste, um sich das Wissen der Ameisenkönigin zu verdienen. Gerade, weil sie es hätte wissen müssen, machte sie sich noch mehr Vorwürfe über ihr Versagen. Greg machte ihr überhaupt keine Vorwürfe, als würde er wissen, was in ihr vorging. Er hatte ihr die Grenzen aufgezeigt und ließ sie mit der Aufarbeitung ihrer Niederlage nun alleine, anstatt sie mit pseudoklugen Ratschlägen vollzuquatschen. Aus Greg hätte ein guter Ausbilder von Elitesoldaten werden können. Er wusste, wie man Menschen und auch Königinnen an ihre Grenzen führte, ohne sie zu zerbrechen. Anstatt ihr sinnlose Vorwürfe zu machen, gab er ihr eine Aufgabe, die sie bewältigen konnten.
    
    Ihre Aufgabe bestand darin, aus einem Pfund rohen Fleisches ein ordentlich ...
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