1. Erinnerungen 01


    Datum: 18.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... erwischt, dass sie auf etwas Persönlicheres gehofft hatte. Sie konnte es ihm aber nicht zur Last legen, es war natürlich, dass er sich für die Umstände ihrer Reise interessierte, bei allem anderen hätte sie wahrscheinlich überrascht reagiert. Eine andere Frage wäre zu viel verlangt gewesen.
    
    Ihr war ebenfalls nicht entgangen, dass er wieder diese Distanz zwischen ihnen schuf, indem er sie wieder mit einem höflichen SIE ansprach. Ihm gegenüber hatte sie sich amüsiert gezeigt, hatte versucht, ein lockeres Gespräch in Gang zu bringen. Wie gut sie diese Rolle gespielt hatte wusste sie nicht, doch er hatte sich jedenfalls nichts anmerken lassen.
    
    In ihrem Inneren aber war sie enttäuscht gewesen, immer wieder versuchte sie möglichst unverfänglich ein wenig mehr Nähe zwischen ihnen zu schaffen. Dass er dem immer wieder entgegen wirkte versetzte ihr einen kleinen Stich, nach außen hin versteckte sie ihn jedoch unter einem Lächeln.
    
    Immer wieder hatte sie sich eingeredet, dass sie stark war, ihr Schicksal lag allein in ihrer Hand. Sie spielte stets die selbstbewusste Frau, die sie sein wollte, aber nie gewesen war. In Wahrheit war sie schwach und nun begann alles auf sie einzustürzen.
    
    Sie blickte zum Himmel hinauf zu den Sternen, die nicht durch die Wolken verdeckt waren. Sie spendeten nahezu kein Licht, der Mond war ebenfalls verdeckt. Sie hatte gelernt, auch in der Nacht zu sehen, so legte sich die Dunkelheit wie eine schützende Decke um sie und hüllte sie ein, alleine und ...
    ... einsam.
    
    Wie lang war es her, dass sie das letzte Mal eine halbe Nacht lang Wache gehalten hatte? Es mussten Jahre sein. Die letzten Monate war sie allein gewesen, jede Nacht war ein Spiel mit dem Tod gewesen. Obwohl sie sich im Wald gut zurechtfand, das Risiko entdeckt zu werden war allgegenwärtig.
    
    Ihren eigenen Atem anhaltend horchte sie nach den Atemzügen von Quinn, sie gingen gleichmäßig und ruhig, er hatte demnach Schlaf gefunden. Sie hoffte, dass ihr dies ebenfalls gelingen würde, obwohl ihre Müdigkeit wahrscheinlich nicht zu verbergen war. Ihre Gedanken kreisten unaufhörlich um ihre Reise und vor allem um ihn.
    
    Was würde diese Reise bringen, was würde geschehen, wenn sie sich in Lanan schließlich wieder trennten? Das Gefühl, jemanden bei sich zu haben war unbeschreiblich schön, auch wenn es die meisten Menschen wahrscheinlich nicht nachvollziehen konnten. Sie sahen die unbegrenzte Freiheit, wenn man alleine war, nur man selbst war wichtig. Die Unabhängigkeit war größer wie nirgendwo sonst, die Zeit richtete sich nach einem selbst.
    
    Sie selbst hatte ebenfalls gelehrt bekommen, dass die Freiheit, die Möglichkeit nur seinem eigenen Gewissen folgen zu müssen, etwas war, für das man kämpfen musste und es um jeden Preis zu verteidigen hatte. Über die Zeit jedoch hatte sie gelernt, dass unbegrenzte Freiheit auch unendliche Einsamkeit bedeutete, die Monate, in denen sie alleine durch das Land gereist war, waren immer unerträglicher geworden.
    
    Gestern hatte sie auf ...
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