1. Der Koenig von Weissfels 01


    Datum: 02.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie

    ... sicher, war ich schlauer als die meisten von ihnen. Ich brachte mir selbst das Lesen bei und las Bücher, die ich stahl. Ich hatte einen deutlich größeren Wortschatz als die meisten Bürger dieser Burg. Aber was bringen einem viele Worte, wenn man nicht sprechen kann? Selbst wenn ich zu Papier kam um Mithilfe von Schrift zu kommunizieren, stieß ich auf verwirrte Gesichter, da die meisten nicht lesen konnten.
    
    Auf dem Weg zurück, ging ich am Henkersplatz vorbei. Dort war ein großer Scheiterhaufen aufgebaut mit einem großen Kreuz darauf, wo eine Frau zu hängen schien. Ich erinnerte mich an die vorletzte Nacht. Menschen zogen mit Fackeln und Mistgabeln durch die Burg, schrien laut und feierten. Angeblich fingen sie eine Hexe, die schon seit Jahren im Finsterwald nahe der Burg ihr Unwesen trieb.
    
    Ich blieb vor dem Scheiterhaufen stehen und sah sie an. Ich glaubte nicht an Hexen und erst recht nicht daran, dass diese zierliche Frau für die Krankheiten oder am Verschwinden von Kindern, die in der Nähe der Wälder spielten, verantwortlich war.
    
    Sie hing spärlich bekleidet am Kreuz, sie fror am ganzen Körper und atmete kaum. Sie war voll vom schwarzen Dreck. Ihre langen tiefschwarzen Haare fielen über ihr Gesicht und bedeckten es. Sie musste da schon seit gestern hängen und sollte schon am nächsten Tag verbrannt werden. Falls sie denn die Nacht überhaupt überstehen würde. Da sich niemand auch nur traut in ihre Nähe zu kommen, hatte sie sicherlich seit gestern weder gegessen noch ...
    ... getrunken. Und wenn sie bis morgen nicht verdurstet war, wäre sie erfroren. Ich wusste wie es ihr ging und sie tat mir leid. Dabei war ich wahrscheinlich der einzige Mensch auf dieser Burg, der Mitleid ihr gegenüber verspürte.
    
    Ich trat näher und holte meinen Wasserbeutel. Ich schüttelte ihn etwas um auf mich aufmerksam zu machen. Sprechen konnte ich ja nicht.
    
    Ich versuchte in ihr Gesicht zu blicken, aber es war voll Dreck und von ihren Haaren bedeckt. Als sie aber ihre Augen auftat erschrak ich. Leuchtende smaragdgrüne Augen schauten durch die pechschwarzen Haare. Ihre Augen wirkten heller als die Nachtkerzen, die in der Burg leuchteten.
    
    Irgendwie war ich doch eingeschüchtert von ihren Anblick. Trotzdem hielt ich fragend den Wasserbeutel vor ihr Gesicht.
    
    "Hast du denn kein Angst vor mir?" fragte mich plötzlich eine eindringliche aber doch sanfte Stimme.
    
    Ich schüttelte ängstlich den Kopf.
    
    Ihre Augen musterten mich genau und sie hob ihren Kopf. Ich sah ihre dunklen Lippen, die mich fragten: "Wie ist dein Name?"
    
    Ich versuchte ihr deutlich zu machen, dass ich nicht sprechen konnte und öffnete meinen Mund um ihr meine fehlende Zunge zu zeigen.
    
    Ihre grünen Augen schauten mich interessiert an. Ich nahm meinen Mut zusammen und hielt ihr den Trinkbeutel an ihren Mund. Sie trank das kalte Wasser, das sie noch mehr frieren ließ.
    
    "Du hast wirklich kein Angst vor mir, was?"
    
    Ich sah sie an. Doch, ein wenig Angst hatte ich. Aber ich konnte nicht einfach von ihr ...
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